Die Xenoblade Chronicles-Reihe ist für Nintendo im RPG-Bereich mittlerweile genauso wertvoll, wie es Final Fantasy für die PlayStation ist. *Malerische Landschaften, tolle Echtzeitkämpfe, eine passende Mischung aus Fantasy und Science-Fiction, sowie eine überzeugende Story sind nur ein paar der elementaren Bausteine, welche zum Erfolg der Spielreihe geführt haben. Doch kann Xenoblade Chronicles 3 die Stärken der Vorgänger weiter ausbauen und gleichzeitig die bekannten Schwächen minimieren?
Der ewige Krieg zweier Nationen
Die Geschichte von Xenoblade Chronicles 3 spielt auf der Welt von Aionios, auf welcher sich die beiden Völker Keves und Agnus in einem ewigen Krieg befinden. Blutige Schlachten stehen an der Tagesordnung und gehören zur Normalität beider Fraktionen. Doch welchen Zweck erfüllt all diese sinnlose Gewalt? Sowohl die Keves als auch die Agnus sind auf die jeweiligen Kriege angewiesen, damit sie die Lebensenergie der jeweiligen Gegenseite stehlen und dadurch ihre eigene Existenz verlängern können. „Kämpfen um zu leben und leben um zu kämpfen.“ Das ist das Motto beider Nationen.
Ziel eines jeden Kriegers ist es den zehnten Zyklus seiner jeweiligen Dienstzeit zu erreichen. Überlebt man zehn Jahre voller Gewalt, wird man in einer Zeremonie, besser bekannt als die Heimkehr, ins Jenseits entlassen. Dabei löst sich die Person in Lichtquanten und somit sprichwörtlich in Luft auf. Eine absurde Lebensvorstellung, die zu Beginn nur vom Krieger Noah hinterfragt wird. Im weiteren Spielverlauf wird eine größere Bedrohung erkennbar, welche sich als die wahre Ursache für das anhaltende Sterben herausstellt. Das Trio aus Keves trifft dabei auf drei weitere Kämpfer aus Agnus und gemeinsam beschließen sie, sich der Bedrohung als Einheit entgegenzustellen. Im Kern erzählt Xenoblade Chronicles 3 einen Aufstand gegen die obere Führungsriege. Ob dieser endlose Kreislauf der Gewalt und des Sterbens endlich durchbrochen werden kann?
Die faszinierende Welt von Aionios
In Xenoblade Chronicles 3 merkt man zu Beginn des Abenteuers noch relativ wenig von der weitläufigen Spielwelt. Im Auftaktlevel ist Aionios sehr linear und schlauchförmig angelegt. Erst nach dem Prolog, welcher die Geschehnisse verschiedener Zeitebenen gekonnt beleuchtet, öffnet sich langsam die Welt und nimmt fast gewohnte Open-World-Massstäbe an. Wobei der Begriff Open-World ein wenig deplatziert erscheint. Viel mehr sind es größere Areale, die durch Ladebildschirme miteinander verbunden sind und uns zumindest das Gefühl einer zusammenhängenden Welt vermitteln. Es ist einfach faszinierend was der Entwickler Monolith Soft aus der älteren Hardware der Nintendo Switch noch herauskitzeln konnte und uns hier auf den Bildschirm gezaubert hat.
Bei der Erkundung von Aionios erklimmen wir Klippen, stapfen sandige Abhänge hinauf, nutzen vorhandene Seilrutschen und segeln über die malerischen Meere. Überall finden wir kleine geheime Ecken, Belohnungskisten, Zusatzaufgaben und Verbrauchsitems, die uns mit den dort lebenden Gegnern in Kämpfe verstricken. Sehr gelungen finde ich die Monstervielfalt auf Aionios und die damit verbunde Abwechslung. Sowohl bei den Items als auch bei den Gegnern gibt es unterschiedliche Stufen. Von legendären Items, bis hin zu Elite-Monstern, ist alles in Xenoblade Chronicles vorhanden was das Rollenspielherz höherschlagen lässt. Beim durchstreifen der Welt entdecken wir immer wieder Kolonien, in welchen wir einkaufen, speisen, Bewohner kennenlernen und Missionen annehmen können. Die von uns bisher entdeckten Orte sind sofort als Schnellreiseoption auf der Karte verfügbar und ersparen uns den ein oder anderen langen Marsch zum nächsten Questziel. In den Kolonien und an den etlichen Rastplätzen erhalten wir zudem Einblicke in das Leben unseres Protagonisten Noah und seinen Freunden. Die von uns gesammelten Gegenstände können wir dort zum Kochen oder Schmieden von Juwelen nutzen, welche die verschiedene Fähigkeiten der Helden stärken.
Die Qual der Wahl
Wie in jedem Rollenspiel spielt die Klasse in Xenoblade Chronicles 3 eine wichtige Rolle. Ab dem zweiten Kapitel dürfen wir jeden der sechs Charaktere steuern und ab dem dritten Kapitel sogar die Charakterklassen wechseln, sofern wir dies wünschen. Grundsätzlich gibt es drei Grundklassen- Angreifer, Verteidiger und Heiler. Jede der drei Kategorien hat wiederum etliche Unterklassen wie zum Beispiel Schwertkämpfer, Taktiker, Heilschütze, oder Zephir. Insgesamt gibt es somit für uns 23 Klassen zur Auswahl, welche sich durch eigene spezifische Spezialtechniken unterscheiden. Natürlich muss der Großteil der Klassen erst von uns freigeschaltet werden. Dies machen wir, indem wir den Klassenrang auf die höchste Stufe bringen, oder mit den unterwegs gefundenen Nopon-Münzen erhöhen. Experimentierfreudige Spieler werden hier definitiv ihren Spaß haben und viel Zeit im Feintuning der Gruppe versenken.
Einer für alle- alle für einen!
Das Kampfsystem ist in Xenoblade Chronicles 3 viel komplexer als ich es zu Beginn erahnen hätte können. Grundsätzlich greift jeder der sechs Charaktere mit schwächeren Auto-Attacken an. Zusätzlich dürfen wir stärkere Spezialtechniken einsetzen, die eine Cooldown-Zeit haben. Wollen wir unsere Angriffe beschleunigen, müssen wir nur die Techniken zeitlich abgestimmt an die Auto-Attacken reihen. Zudem können wir noch Techniken miteinander verketten, komplexere Konbinationen auslösen, oder Spezialattacken miteinander fusionieren, wodurch sich wiederum neue Spezialtechniken ergeben. Zum Glück gibt es bei der ganzen Komplexität und Angriffsvielfalt viele Tutorials, welche jederzeit im Menü nachgelesen werden können. Trotz all der Möglichkeiten, die mir die Entwickler zur Verfügung stellen, benutze ich nur einen Bruchteil davon, da es für mich einfach zu viel ist. Was noch hinzukommt ist die sogenannte Ouroboros-Fähigkeut. Dabei fusionieren sich unsere beiden Hauptprotagonisten Nioh und Mio, zu einem großen Krieger. Diese mächtigere Form ist nur bei besonderen Gegnern anwendbar und stellt uns ebenfalls neue spezielle Angriffstechniken zur Verfügung.
Noch mehr JRPG für einen kleinen Obolus
Wer generell vom Xenoblade Chronicles-Universum nicht genug bekommen kann, der kann gegen einen Obolus von €29,99 den Erweiterungspass käuflich erwerben. Darin werden folgende Inhalte in 4 Wellen veröffentlich:
- zum Release gibt es einige Verbrauchs-Items, Ausrüstung und Kleidungsstücke
- bis zum 31.12.2022 werden weitere Missionen, Kampfprüfungen und eine neue Heldin hinzugefügt
- bis zum 30.04.2023 kommen ebenfalls weitere Missionen, Kampfprüfungen und Outfits hinzu
- der meiner Meinung nach wertvollste Inhalt des Passes erscheint bis zum 31.12.2023. Hier wird durch den Entwickler Monolith Soft eine komplette neue Handlung in das Spiel eingefügt.
Quetscht alles aus der Hardware heraus!
Bei der technischen Umsetzung hat das Team hinter Monolith Soft alles aus der Hardware der Nintendo Switch herausgekitzelt. Natürlich müssen die Entwickler einen spürbaren Kompromiss bei der Objektsichtweite und der Texturqualität eingehen, um eine flüssige Bildwiederholrate gewährleisten zu können. Der Handheld-Modus ist bei den FPS, aufgrund der etwas geringeren Auflösung, leicht im Vorteil gegenüber dem Dock-Modus. Dafür sind die Charaktere besonders gut gelungen, welche von Masatsugu Saito entworfen wurden. Nachladende Texturen sind mir nicht untergekommen, jedoch wirken die Animationen leicht abgehakt und sollten im nächsten Teil flüssiger gestaltet werden. Die Steuerung ist solide und hätte sich für meinen Geschmack im Kampf weniger schwammig anfühlen können. Die vielen Funktionen im Spiel wurden sinnvoll auf die vorhandenen Tasten verteilt, was sich jedoch in einigen Situationen etwas überladen anfühlt. Der Soundtrack wurde von Yasunori Mitsuda, Manami Kiyota, ACE (TOMOri Kudo, CHiCO), Kenji Hiramatsu und Mariam Abounnasr komponiert. Bei der Musik wurde die Flöte als Hauptmotiv gewählt, welches in den wunderschönen Titeln deutlich zu hören ist.