Ich mag Strategiespiele und das Genre Science-Fiction. 2016 veröffentlichte der Publisher Paradox Interactive Stellaris für den PC. Drei Jahre später erschien sogar das Grand-Strategy-Game für die Xbox One und PlayStation 4. Die Portierung auf Konsolen und die Steuerung mit dem Gamepad war ganz solide. Dennoch spielt sich diese Art von Spiel selbstverständlich mit Maus und Tastatur am besten. Über die Jahre erschienen immer mehr Dlc’s und der Umfang wurde zunehmend größer. Solch Strategiespiele benötigen mehr Einarbeitungszeit und damit ist auch die Testphase länger. Dennoch wollte ich irgendwann über meinen Schatten springen und mit meinem Volk in das Universum vordringen. Wie gut ist Stellaris im Jahre 2024 und wie groß ist die Einstiegshürde in das Genre?
Keine Geschichte in Stellaris?
Ich persönlich mag Spiele mit einer intensiven Geschichte und einer imposanten Inszenierung. Stellaris bietet beides nicht. Das solltet ihr bitte nicht negativ auffassen. Das Spiel gibt mir keine Geschichte vor und eine aufwendige Inszenierung ist ebenfalls nicht vorhanden. Ich selber muss mir die Geschichte hinzudenken. Nach der Auswahl und Anpassung einer Spezies (Verhaltensweisen sowie Technologien), kann ich auf eigene Faust den Weltraum besiedeln und mein Reich aufbauen. Zu Beginn einer jeden Partie steht mir neben dem Heimatplaneten samt Raumhafen eine kleine Raumflotte aus einem Forschungs- und Konstruktionsschiff sowie ein paar Militärschiffen zur Verfügung. Mit diesem kleinen Startpaket können wir benachbarte Systeme erforschen und in Anspruch nehmen. Mit der Zeit wird unser Reich größer und damit gesellen sich unserer Liste auch weitere militärische und diplomatische Aufgaben hinzu. Denn sobald wir auf andere Zivilisation und besiedelte Welten treffen, verfliegt das anfängliche stressfreie Forschungs- und Aufbaumanagement allmählich. Je länger die Partie andauert umso häufiger treten galaxisweite Zufallsereignisse ein. Das kann zum Beispiel eine Invasion aus einer anderen Galaxie sein, welche nicht nur unser Reich allein betrifft. Mit solchen zufälligen Ereignissen wollen die Entwickler dafür sorgen, dass lang andauernde und unausgeglichene Runden durch übermächtige Fraktionen, ausgeglichen werden. Zumindest kommt somit ein frischer Wind in das vielleicht eingefahrene Spiel. Die Inszenierung von Stellaris geschieht mithilfe schön illustrierter Bilder, welche den Entwicklern sehr gut gelungen sind.
In Stellaris ist aller Anfang schwer!
Zum Beginn von Stellaris steht, wie schon oben erwähnt, der Bau eines eigenen Volkes an, oder wir wählen eine der vorgefertigten Fraktionen aus. Das tolle am erstellen neuer Volker- diese lassen sich abspeichern, erneut spielen, oder beim nächsten Mal als Widersacher einstellen. Der Fraktionseditor in Stellaris bietet viele Einstellungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Portraits, Flaggen, Vor- und Nachteile der eigenen Rasse, die Wahl des Heimatwelttyps (kontinental, arktisch usw.) oder die Antriebsmethode. Mögen wir lieber langsamere Warpflüge, die schnelleren Hyperraumsprünge oder doch den rasanten Wurmloch-Teleport? Letzteres eignet sich sehr gut für Überfälle auf andere Systeme. Eine weitere wichtige Einstellung ist die Ethik. Das sind die Wesenszüge eines jeden Volkes und wie diese in der Galaxie von den anderen Völkern gesehen werden. Wollen wir das unsere Rasse pazifistische, spirituelle, materialistische, fremdenfeindliche, liebende oder doch militärische Wesenszüge aufweist? All diese Entscheidungen bringen uns natürlich Vorteile, bestimmen aber auch die Regierungsformen welche wir wählen können. Für meine erste Partie habe ich mich ganz klassisch für den Staatenbund der Menschen entschieden, welche eine Militärdiktatur als Regierungsform verfolgt. Zu Beginn läuft eigentlich alles nach Plan. Ich lerne mithilfe des Tutorials die Grundmechaniken von Stellaris kennen, erkunde die ersten benachbarten Systeme, baue verschiedene Stationen zwecks Abbau der Ressourcen und kolonisiere einige passende Planeten. Der Wirtschaft meines Volkes geht es soweit gut, alles floriert und ich stoße auf die ersten außerirdischen Lebensformen. Doch dann erklärt mir ein Volk den Krieg und beginnt meine Systeme zu übernehmen. Ich verusche derweil so viele Kriegsschiffe zu produzieren wie es mir nur möglich ist. Kurz bevor die Feinde mein Heimatsystem erreichen, setze ich mit meiner Flotte zum Gegenschlag an. Ich kann die feindliche Flotte besiegen und beginne mit der Rückeroberung meiner ehemaligen Systeme.
Die besiegte Rasse möchte plötzlich Frieden schließen und bettelt förmlich darum nicht erobert zu werden. Da meine Menschen einer Militärdiktatur unterworfen sind und ich auf Rache aus bin, dringe ich in die feindlichen Territorien ein. Es dauert nicht lange und ich habe mein Ziel erreicht. Leider habe ich meine Flotte aufgrund des Krieges zu schnell vergrößert und dabei die Wirtschaft aus dem Blick verloren. Da die Partie noch nicht lange gelaufen und meine Schiffszahl zu schnell angewachsen ist, musste ich hohere Erhaltungskosten zahlen. Dies drückte meine Wirtschaft langsam aber sicher in den Keller. Der einzige Ausweg- schneller expandieren, Systeme einnehmen, Forschen und mehr Ressourcen abbauen. Zu meinem Pech kritisiert die „Vereinten Nationen der Menschen“, die demokratische Abspaltung meines Volkes, mein Vorgehen und zieht gegen mich in den Krieg. Da meine Wirtschaft angeschlagen und deren Kriegsflotte stärker ist, war es nur eine Frage der Zeit bis mein Reich untergeht. So schmerzhaft und vor allem lehrreich verlief meine erste Partie in Stellaris. Das witzige daran ist, ich fing sofort eine neue Runde mit dem Volk „Vereinte Nationen der Menschen“ an. Obwohl Stellaris sehr zeitintensiv ist, ein Spiel kann sich über mehrere Tage ziehen, greift die Suchtspirale sofort und man kann die nächste Runde kaum erwarten. Die zweite Partie verlief um einiges befriedigender und entspannter. Dieses Mal habe ich gleich zu Beginn ein weiteres Forschungs- und Konstruktionsschiff gebaut, um mein Reich schneller vergrößern zu können. Meine Wirtschaft ist um einiges stabiler und ich stoße auf die ersten neuen Völker. Als ich weitere Systeme erforsche, finden meine Forscher einen Planeten, auf welchem eine Zivilisation ohne jegliche Raumfahrttechnologie lebt. Da ich nicht den Verlauf der neu entdeckten Rasse irgendwie beeinflussen will, baue ich lediglich eine Beobachtungsstations im Orbit. Einige Zeit später, taucht plötzlich ein kleines Event auf. Ein Asteroid, welcher die unterentwickelte Zivilisation zerstören könnte, ist auf Kollisionskurs. Lassen wir die Katastrophe zu oder wollen wir den globalen Killer mit unserer Flotte zerstören? Egal wie unsere Entscheidung ausfallen sollte, wir müssen schnell handeln, da die Zeit gegen uns läuft. Ich habe mich entschieden der Rasse zu helfen. Den Brocken konnte ich noch kurz vorm Einschlag vernichten. Die gerettete Zivilisation wird nie von unserer Heldentat erfahren. Solche kleinen Events passieren am laufenden Band und deren Ausgänge sind nur sehr schwer absehbar. Diese und weitere Spielmechaniken machen Stellaris so interessant und keine Runde gleicht der Anderen.
Lange und spannende Partien!
Was hat jedes Strategiespiel gemeinsam? Richtig. Die zu Beginn neue und aufregende Phase, welche jedoch nach einigen Durchgängen etwas an Faszination verliert. Das was am meisten Spaß macht, ist das Midgame einer jeden Partie. Nachdem die Grenzen im Raum größtenteils festgelegt sind, beginnt die Zeit der Diplomatie und Grenzverteidigung. Es werden Allianzen gebildet, Handel getrieben und mit hoher Wahrscheinlichkeit Kriege geführt. Da immer irgendwer etwas gegen mich haben und meine Politik haben wird, suche ich mir ebenfalls Verbündete. Damit diese auch meinen Kriegserklärungen zustimmen, muss ich ihnen diese schmackhaft machen und Eroberungsziele festlegen. Durch gewonnen Schlachten und besetzte Welten sammle ich Kriegspunkte, welche meine Forderungen durchsetzen. Das Kampfsystem gewinnt im Midgame ebenfalls immer mehr an Tiefe. Die Waffentypen sind unterschiedlich effektiv gegen Rümpfe und Schilde. Ich kann meine Schiffe via Baukasten so ausrüsten, dass sie die gegnerischen Schiffstypen kontern können. Unbedingt nötig war das im Test nicht, weshalb ich der KI das optimalste aus den vorhandenen Waffen habe aussuchen lassen. Die KI der Gegner hat sowohl Stärken als auch Schwächen. Diese ist bei der Suche nach Bündnissen und beim Handeln sehr gut. Im Krieg selber sieht es dann ein bissl anders aus. Die Feindflotten sind im Grunde genommen clever und übernehmen sehr schnell unbewachte Systeme. Zeitweise kommt es dennoch vor, dass sich die KI aus unerklärlichen Gründen zurückzieht. Warum plündert diese nicht weiter? Meine Verbündeten kämpfen zwar mit, benötigen trotzdem meine militärische Führung. Es kann auch vorkommen, sollten die diplomatischen Wege versagt haben, dass ich an mehreren Fronten meine Grenzen verteidigen muss. Damit ich den Überblick behalte, muss ich regelmäßig das Geschehen pausieren und kontrollieren. Wenn ich gerne ohne Blutvergießen die Grenzen meines Imperiums erweitern möchte, kann ich die Feinde als Vasallen unterwerfen. Der Nachteil bei einem sehr großen Imperium ist immer seine Stabilität. Je weiter eine bewohnter Planet von meiner Heimat entfernt ist, umso mehr weichen die Ethiken der Bewohner ab und es kommt zu Probleme. Ich kann die Unruhen mittels Propaganda minimieren oder gewaltsam Niederschlagen, sollten diese zu den Waffen greifen. Während eines Krieges kommt eine sich destabilisierende Politik sehr ungünstig. Da das Spiel vor knapp sechs Jahren erschienen ist, ist regelmäßiger Nachschub an Content essentiell für ein Strategiespiel. Deshalb liefern die Entwickler in regelmäßigen Abständen vollständige Erweiterungen, Story-Packs und Spezies-Packs. Wer den gesamten Inhalt nicht käuflich erwerben möchte, kann sich nur das Basisspiel kaufen und den Rest im Abo (9,99€ pro Monat) dazu mieten. Da Stellaris nicht so gut in der Inszenierung ist und sehr viel hinter einem Textfenster verbirgt, ist die Abo-Möglichkeit keine schlechte Option. Ab Mai gibt es sogar die nächste vollwertige Erweiterung „The Machine Age“. Dieser DLC fügt individualisierbare Maschinen, eine Endgamekrise, Aufstiegspfade, Spielerportraits, Spielerkrisenpfade rund um Kybernetik und synthetische Maschinen hinzu. Selbstverständlich gibt es auch zwischen den heißen Phasen einige Leerläufe, welche ich einfach nur wartend verbringe. Es gibt auch einen Multiplayer in Stellaris, welchen ich in der Testphase nicht probiert habe. Im Grunde genommen funktioniert dieser wie im Singleplayer. Der Host der Partie stellt die Geschwindigkeit ein und sollte einer der Freunde das Spiel verlassen müssen, pausieren alle und es geht am nächsten Tag weiter.
Die Technik hinter dem Epos
Sechs Jahre ist der Release von Stellaris schon her und damit hat das Strategiespiel schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Wie steht es da um die Technik? Die minimalen Systemanforderungen sind wie folgt:
– Betriebssystem: Windows 10 Home 64 Bit
– Prozessor: Intel iCore i5-3570K oder AMD Ryzen 5 2400G
– Arbeitsspeicher: 4 GB RAM
– Grafik: Nvidia GeForce GTX 560 Ti (1GB VRAM) or AMD Radeon R7 370 (2 GB VRAM)
– Speicherplatz: 10 GB verfügbarer Speicherplatz
Getestet habe ich Stellaris mit einem Intel Core i5-14400F, 16Gb RAM, einer Nvidia GeForce RTX 4060 mit 8Gb GDDR6 dediziertem Speicher und 1 TB SSD. Meine Auflösung liegt bei 1080p und das Spiel läuft stets flüssig. Die Bildwiederholrate ist auf 60 FPS festgelegt und Abfälle gab es selbst im Endgame zu keiner Zeit. Die Steuerung mit Maus und Tastatur geht gut von der Hand und nach einer kleinen Eingewöhnungszeit erscheint das User Interface nicht mehr so komplex. Der Soundtrack untermalt stimmungsvoll das gezeigte auf dem Bildschirm und die deutsche Übersetzung ist ohne Fehler. Die Ladezeiten sind mit durchschnittlichen 20-30 Sekunden, abhängig der Spieldauer, vollkommen in Ordnung. Schade nur das die Texturen bei einer näheren Zoomstufe, trotz maximalen Grafikeinstellungen, leicht verwaschen sind. Ein kleines Update mit schärferen und detaillierteren Texturen wäre sehr wünschenswert. Im Nachfolger wären auch weniger Textfenster und eine bessere Inszenierung ein großer Fortschritt für die Serie. Stellaris ist im Großen und Ganzen gut gealtert, erfreut sich unter seinen Fans hoher Beliebtheit und ist mit all seinem Content kaum zu überbieten.