Mit Volldampf voraus! Die Aliens haben keine Chance im Gefecht gegen meisterhafte Taktiker und Abraham Lincoln! Wem das zu abgedreht klingt, der hat die volle Power von Code Name S.T.E.A.M. noch nicht gesehen!
Code Name S.T.E.A.M. ist ein rundenbasierter Third-Person Taktik-Rollenspiel/Shooter für den Nintendo 3DS. Das klingt jetzt erst einmal furchtbar kompliziert, ist es aber gar nicht! Das besondere an diesem, nicht allzu weit verbreiteten Genre ist nämlich, dass man rundenbasierte Kämpfe austrägt, in denen man nicht nur für den aktuellen Zug und längerfristig strategisch plant, sondern während eines Spielzugs aktiv in die Rolle der Spielfiguren schlüpft und mit ihnen laufen und Aktionen ausführen kann. Bekannte Genre-Vertreter sind zum Beispiel Valkyria Chronicles oder die Spiele der Sakura Wars-Serie. Mit Code Name S.T.E.A.M. kommt dieses Spielprinzip in Third-Person-Sicht erstmals auf den 3DS.
Mit abgedrehten Comic-Charme die Welt retten
Startpunkt London. Aber kein London wie wir es kennen. In dieser Welt wird alles mit Dampf betrieben. Maschinen, Waffen, Luftschiffe, Brücken, einfach alles. In einer dampfenden Welt ist es selbstverständlich nicht verwunderlich, dass die Menschheit von Aliens angegriffen wird. Oder dass die beiden Veteranen Jon und Henry auf einmal von Abraham Lincoln persönlich aufgegriffen werden um mit ihm gemeinsam die drohende Apokalypse abzuwenden. Stilistisch orientiert sich Code Name S.T.E.A.M. an alten Comics. Die Geschichte springt von Panel zu Panel und spart dabei nicht mit „Wooshs“ und „Klonks“ und bringt damit einen tollen Erzählstil. Auch die Musik ist spannend und mitreißend und der Titel-Song Ohrwurmverdächtig. Nett ist auf jeden Fall die englische Sprachausgabe, wobei man sich oft über die recht freie deutsche Übersetzung wundert. Und obwohl das alles sehr spaßig klingt, fehlt es hier Story-technisch komplett an Tiefgang. Das ganze erinnert an einen schlechten Action-Streifen der sich nicht einmal bemüht nicht komplett klischeehaft vor sich her zu dümpeln. Ein paar ernstgemeinte Lacher wird es hier wohl eher bei jüngerem Publikum geben, deren Humor Code Name S.T.E.A.M. anscheinend zu treffen versucht.
Alles wird mit Dampf gemacht!
Man sollte sich von der Story aber nicht demoralisieren lassen. Worum es nämlich wirklich geht, ist das Gameplay und das macht definitiv extrem viel Spaß! Mit bis zu vier Charakteren gleichzeitig findet man sich auf den unterschiedlichen Gebietskarten wieder und muss sich den Aliens stellen. Hinter Kisten und Barrikaden kann man sich vor dem feindlichen Feuer verstecken um selbst das ein oder andere mal hervorzukommen und ein Alien abzuschießen. Auf Blut und ähnliches wird hier aber zum Glück verzichtet. Ein abgeschossenes Alien wird lediglich zu Eis und zerspringt dann in Tausend Teile. In Code Name S.T.E.A.M. läuft alles über Dampf. Jede Aktion kostet ein bisschen davon. Laufen, Kisten zerstören (um Items und Münzen zu finden) und natürlich Schüsse auf Aliens verbrauchen allesamt Dampf. Dabei ist es von der ausgerüsteten Waffe abhängig, wie viel Dampf pro Schuss verpulvert wird. Während seines eigenen Spielzugs kann man beliebig zwischen seinen Charakteren hin und her wechseln. Der Zug ist erst dann vorbei, wenn kein Charakter mehr Dampf zur Verfügung hat. Wie bei jedem Taktik-Spiel kommt es darauf an, gut zu planen und mit Weitsicht ins Ziel zu kommen. Dazu gehört auch, dass man ab und zu ein bisschen Dampf aufspart. Denn hat man am Ende des Spielzugs noch genug für einen Schuss übrig, geht der Charakter in den Overwatch-Modus, in dem er im Zug der Aliens einen Schuss als Verteidigung übrig hat. Und den Zug der Aliens sollte man nicht unterschätzen. Aus der Perspektive seiner eigenen Spielfiguren kann man sehen, wie die Aliens langsam vorrücken. Manchmal sind die Aliens aber auch so weit weg, dass man überhaupt nichts sieht. Dann bietet sich der Vorspul-Button an, der nach dem ersten Update verfügbar ist und den Vormarsch der Aliens im Zeitraffer wiedergibt.
Herausfordernde Taktik trotz mangelnder Komplexität
Natürlich gibt es auch ein paar Feinheiten zu beachten. Einfach drauf-schießen wäre ja total langweilig. Daher gibt es bei den Aliens immer eine kleine Schwachstelle, meistens am Rücken der Biester. Wer diesen Schwachpunkt trifft, kann erheblichen Schaden machen. Manche Waffen sind dafür auch besser geeignet als andere, wie zum Beispiel die Dampfarmbrust. Gezielt wird übrigens per Touch-Screen und wer einen New 3DS hat, kann auch den C-Stick zum Zielen verwenden. Das ist besonders für Linkshänder äußerst bequem. Leider ist die Kameraführung manchmal ein bisschen mühselig, so dass es zu Schwierigkeiten beim genauen Zielen kommt. Das ist prinzipiell kein großes Problem, wird aber erfahrene Spieler des öfteren ein wenig ärgern. Auffällig ist auch der Schwierigkeitsgrad und die Länge der einzelnen Gefechte. Obwohl die Schlachten in Code Name S.T.E.A.M. nicht so komplex sind, wie in anderen Genre-Vertretern, sind sie recht schwierig. Selbst erfahrene Spieler finden hier noch eine Herausforderung. Pro Gefecht kann man meistens mit mindestens 30 Minuten Spielzeit rechnen. Da man während den Kämpfen dauerhaft mitdenken muss und unter Umständen auch ein oder zwei mal von vorne beginnen muss, weil man gravierende Fehler gemacht hat, ist Code Name S.T.E.A.M. nicht nur spannend und herausfordernd, sondern verlangt auch sehr viel Grips. Und nach einem Gefecht braucht man definitiv eine Pause! Es gibt zwar auch gut gesetzte Speicherpunkte, bei denen man seine Spielfiguren auch heilen kann, aber die helfen im Kampf auch wirklich nur, wenn man mit Bedacht und Taktik vorgegangen ist und keinen Fehler gemacht hat. Pro Level gibt es meistens zwei bis drei Gefechte, was mir persönlich zu viel ist. Da die Story leider nicht besonders gut ausgearbeitet ist und zwischen den Kämpfen auch nur minimal für Ablenkung und Auffrischung der kognitiven Ressourcen sorgt, kann man Code Name S.T.E.A.M. leider nicht Stundenlang am Stück zocken. Und auch hier stellt sich wieder die Frage: Für wen ist eigentlich dieses Spiel gemacht? Jüngere Spieler könnten leicht überfordert werden, was den Spielspaß raubt.
Neue Waffen und Boiler im Sortiment!
Neben der individuellen Standardwaffe, die jede Spielfigur mit sich trägt, kann man vor jedem Gefecht entscheiden, welche Sekundärwaffe und welchen Boiler-Typ ausgerüstet werden soll. Jon, der zum Beispiel einen Granaten-Werfer mit sich trägt, der viel Schaden auf einer großen Fläche macht aber nicht Verteidigen kann, sollte dann mit einer leichten Waffe ausgerüstet werden, mit der er auch zurückschießen kann. Oder wenn ein Charakter standardmäßig als Support eingesetzt wird, also die anderen Mitstreiter durch Heilfähigkeiten unterstützt, macht es wenig Sinn, eine weitere Waffe mit Heilfähigkeiten als Sekundärwaffe einzusetzen. Selbstverständlich kann man nach belieben ausprobieren und für sich selbst und jeden Charakter eine perfekte Kombination finden. Wer während den Kämpfen fleißig Münzen einsammelt, bekommt nach und nach mehr Waffen freigeschaltet. Gleiches gilt auch für die Boiler, die für Dampf-Nachschub sorgen. Die Boiler werden aber durch das Einsammeln von Zahnrädern freigeschaltet. Davon gibt es jeweils drei Stück pro Gefecht.
Die Hauptstory bietet eigentlich eine ausgewogene Menge an Missionen. Überragend viele sind es nicht, dafür ist der Wiederspielwert der einzelnen Gefechte recht hoch. Man kann seinen Rang verbessern und somit neue Waffen freischalten. Außerdem gibt es als netten Zusatz die Möglichkeit, Charaktere aus Fire Emblem im Kampf zu steuern. Das funktioniert aber nur, wenn man einen der Fire Emblem Amiibos registriert. Zusätzlich gibt es einen Lokalen- und einen Online-Mehrspielermodus, in denen man verschiedene Spielmodi wie Deathmatch, Medaillenjagd und A.B.E.-Duell, in dem man einen Riesen-Roboter steuert. Man kann sogar Online-Turniere spielen oder selbst organisieren. Es wird also auch nach dem Abschluss der Hauptstory nicht langweilig.
Fazit:
[rating itemreviewed=“Code Name S.T.E.A.M.“ rating=“78″ reviewer=“Nina van Aken“ dtreviewed=“22.05.2015″ best=“100″ worst=“0″]
Code Name S.T.E.A.M. hat stilistisch einiges auf dem Kasten und überzeugt mit guter Musik und toller Comic-Buch-Grafik. Die Story rund um Abraham Lincoln, der die dampfbetriebene Welt vor einem Alien-Angriff retten will, erinnert leider an schlechte Action-Filme und besitzt kaum Tiefgang. Vom Spielprinzip her ist Code Name S.T.E.A.M. aber mehr als gelungen: Mit einer gewissen Menge Dampf pro Spielrunde müssen die einzelnen Figuren langsam und mit viel Taktik über das Spielfeld geführt werden, um den Angriffen der Aliens entgegen zu kommen. Dabei stehen viele verschiedene Waffen und Boiler-Typen zur Verfügung. Neben dem hohen Wiederspielwert der einzelnen Missionen gibt es noch einen Mehrspieler-Modus und Amiibo-Support. So wird es lange nicht langweilig.
Trotzdem bleibt die Frage offen, für wen dieses Spiel überhaupt gemacht wurde? Story und Humor sprechen eindeutig eine jüngere Zielgruppe an, die allerdings in Sachen Schwierigkeitsgrad wohl oft überfordert werden könnte. Auch die mangelnde Komplexität im Vergleich zu anderen Genre-Vertretern sticht ins Auge. Trotzdem ist Code Name S.T.E.A.M. ein Muss für alle Fans des rundenbasierten Third-Person Taktik-Rollenspiel-Genres, denn es macht verdammt viel Spaß und ist selbst für eingefleischte Taktiker eine Herausforderung.
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