Albert Einstein sagte einst, er wäre nicht sicher mit welchen Waffen im dritten Weltkrieg gekämpft werden würde, doch im vierten Weltkrieg würde man mit Steinen und Stöcken kämpfen. In Horizon: Zero Dawn prallen Steinzeit und Zukunft aufeinander, beide Elemente gehen ineinander über. Im Laufe des Spiels werden wir erfahren, ob sich Geschehnisse ereignet haben, die Ähnlichkeiten mit Albert Einsteins Zitat aufweisen oder nicht.
Horizon: Zero Dawn, entwickelt vom niederländischen Studio Guerilla Games und veröffentlicht von Sony, ist ein, in der Zukunft angesiedeltes, Third-Person-Rollenspiel. Die menschliche Gesellschaft besteht jedoch aus Jägern und Sammlern, die mit Pfeil, Bogen und Speer kämpfen und in steinzeitlich anmutenden Siedlungen in Form von Stämmen hausen. In der Natur finden sich verwitternde, hochtechnologische Überreste von kleineren und größeren Städten einer weit entwickelnden Zivilisation die verschwunden zu sein scheint. In der Wildnis streifen Maschinen umher, die stark an echte Tiere erinnern und sich auch so verhalten.
Ausgestoßene
In dieser geheimnisvollen, aber auch feindlichen Welt, wächst die noch sehr junge adoptierte Aloy bei ihrem Ziehvater Rost auf. Wer unsere Mutter ist wissen wir nicht. Doch noch etwas unterscheidet die Beiden von anderen Bewohnern der eiszeitlich anmutenden Landschaft. Sie sind vom Stamm Ausgestoßene, eines der vielen Rätsel, die wir im Laufe des Spiels lösen werden. Niemand vom sogenannten Nora-Stamm, welcher in unmittelbarer Nähe siedelt und die große Urmutter anbetet, darf mit Ausgestoßenen reden. Noch als Kind finden wir mit Aloy in einer alten Ruine der vorzeitlichen Technologie-Zivilisation einen Fokus, ein Gerät, welches man sich an die Schläfe steckt um Dinge zu angezeigt zu bekommen, die andere nicht sehen können. Dieser Fokus wird uns im weiteren Spiel sehr weiterhelfen und scheint eine Art Pendant zu den Hexersinnen von Geralt in The Witcher 3 zu sein.
Um diesen Test so spoilerfrei wie möglich zu halten, werden wir nicht nicht allzu sehr auf die Story eingehen, nur so viel: die rothaarige Aloy wird schon als Kind von Gleichaltrigen gehänselt und auf Distanz gehalten. Im Zuge dessen stellt sie sich eines Tages die Frage, weshalb sie und Rost Ausgestoßene sind. Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, müsse sie laut Rost mit den Stammesältesten, den Erzmüttern der Nora, sprechen. Doch Ausgestoßene dürfen nicht in das Dorf des Nora-Stammes und schon gar nicht mit den Erzmüttern reden. Das Stammesgesetz erlaubt jedoch jungen Ausgestoßenen bei der alljährlichen Erprobungszeremonie der frisch erwachsen gewordenen Mitgliedern des Stammes teilzunehmen und sich dort zu beweisen, um in den Stamm aufgenommen zu werden.
Training, Training, Training
So nimmt die Geschichte ihren Lauf. Wir werden vom eigenen Vater auf diese Erprobung vorbereitet, für uns als Spieler läuft die Ausbildung aber als Zwischensequenz im Zeitraffer ab, im Zuge dieser Aloy vom Kind zur Erwachsenen wird. Zwischensequenzen begleiten uns allgemein häufig über das ganze Spiel hinweg und sind außerordentlich gut gelungen. Unsere Reise beginnt erst zwei Tage vor der Erprobung so richtig. Doch am Tage der Erprobung, knapp vor unserem Ziel, kommt es zu einem unvorhergesehenen Ereignis, welches alles ändert und uns viele neue Wege, Aufgaben, aber auch Gefahren eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt finden wir an jeder Ecke etwas zu entdecken oder eine der zahlreichen Nebenquests, die zum größten Teil sehr interessante, in sich geschlossene Geschichten erzählen.
Außer dem Nora-Stamm gibt es noch weitere Stämme mit denen wir zu tun haben werden, unter anderem die Maya-ähnlichen Carja die in einer gewaltigen Stadt residieren und die Banuk, die gerne abgelegen von allen anderen siedeln. Alles in allem bietet Horizon: Zero Dawn eine unglaublich dichte und wendungsreiche Handlung, die ihresgleichen sucht und uns in unterschiedlichste Regionen der großen Spielwelt führt.
Maschinen, Waffen und Co.
Die Spielwelt von Horizon: Zero Dawn wird nicht nur von Wildschweinen und Truthähnen bevölkert, die wir unter anderem auch jagen können, sondern vor allem von knapp dreißig verschiedenen, hochtechnologisch entwickelten Maschinen, die durch die Lande streifen und unterschiedliche Fähigkeiten, Stärken und Schwächen haben. Mit den erbeuteten Teilen dieser Maschinen verbessern und verstärken wir unsere Waffen, Rüstungen und Tragekapazitäten. Vor allem durch diesen starken Kontrast zwischen steinzeitlicher Landschaft gespickt mit hochentwickelten Maschinen und Überresten einer lange vergessenen Zivilisation, haben wir das Gefühl, in Horizon: Zero Dawn etwas zu erleben, was wir bisher in keinem anderen Spiel so gesehen haben.
Zu Beginn nur mit Pfeil und Bogen sowie einem Speer ausgerüstet, können wir im Verlauf des Spieles auch Schleudern, Fallen und andere nützliche Waffen in unser Arsenal aufnehmen. Maschinen und Tiere die wir während der Jagd erlegen, schlachten wir aus und nutzen die Teile für das recht umfangreiche Crafting. Wir können aber auch zu einem der vielen Händler gehen und unsere Beute gegen Metallscherben tauschen, die Währung des Spiels.
Level Up!
Horizon: Zero Dawn kommt mit einem relativ unspektakulären, aber übersichtlichen Skillsystem daher. Bei jedem der 50 Stufenaufstiege sowie auch teilweise bei Quest -oder Aufgabenabschlüssen erhalten wir Fähigkeitspunkte, die wir in drei verfügbare Skilltrees stecken können. Der Jägerbaum ist sehr Schleich-lastig, der Kriegerbaum lässt uns meist stärker draufhauen und der Sammlerbaum macht uns beim Looten und Craften besser. Außerdem können wir relativ früh das Reiten von Maschinen erlernen, das ist aber nicht bei allen Maschinen möglich. Das Reiten funktioniert in Horizon: Zero Dawn jedoch ganz anders als in den meisten anderen Spielen, hier wollen wir aber nicht zuviel verraten.
Um mehr Fähigkeitspunkte außerhalb von Stufenaufstiegen zu erhalten können wir unter anderem bestimmte Jagdgebiete unter Zeitdruck absolvieren und auch spezielle Quests abschließen. Leider kommen wir durch das Abschließen von Jagdgebieten und auch einige andere verstreute Aufgabenarten, wie das säubern von Banditenlagern und das suchen von markierten Verstecken, schnell in eine abgeschwächte Art Grinding. Glücklicherweise sind all diese Dinge nicht für den Fortschritt im Spiel notwendig und stehen uns so nicht zwingend im Weg.
Geralt trifft Ezio
Um an manche Orte zu kommen, müssen wir in Horizon sehr oft klettern. Das Klettern erinnert etwas an Assassin’s Creed, wirkt aber streckenweise nicht ganz so flüssig und funktioniert auch nicht überall sondern nur an vordefinierten, meist klar ersichtlichen Orten. Trotzdem finden wir, dass die Klettereinlagen oft fordernd sind und auch einiges an Spaß mit sich bringen.
Bei einigen Quests fühlt man sich auch stark an die Welt vom Hexer Geralt erinnert, vor allem wenn wir Spuren folgen und Tatorte unterschiedlicher Geschehnisse untersuchen. Guerilla Games lässt uns mit Aloy eine unglaublich coole Hauptcharakterin spielen, die uns mit ihrer Neugierde und ihrem Lernprozess im Verlauf des Spiels sehr viel Wiedererkennungswert und Sympathie ermöglicht. Aloy spielt in einer sehr hohen Liga und steht vielleicht bald auf dem Level von Lara Croft!
Ein wahrer Augenöffner
Kaum ein anderes Spiel, welches bisher für die PlayStation 4 erschienen ist, ist so detailverliebt und grafisch aufpoliert, wie Horizon: Zero Dawn. Die Wettereffekte sowie der Tag -und Nachtwechsel gehen perfekt ineinander über, die Atmosphäre ist unglaublich dicht und wir streifen durch wahrlich atemberaubende Landschaften. Von eisig kalten Schneeregionen, die an die Eiszeit erinnern, bis zu Dschungelartigen, mit überwachsenen Ruinen gespickten Landschaften ist alles dabei und lädt zum Erkunden ein. Überhaupt ist die Spielwelt riesig und trotzdem nie langweilig, da es an allen Ecken und Enden etwas zu tun oder zu sehen gibt.
Soundtechnisch ist Horizon: Zero Dawn, zumindest was die Hintergrundmusik und die Effekte angeht, ganz vorne mit dabei. Die englische Sprachausgabe ist sehr gut synchronisiert, die Deutsche leider nicht annährend so gut. Die Lippenbewegungen sind sehr oft auffällig asynchron, die Ton -und Höhenlagen sind unterschiedlich und haben auch nicht immer den passenden Umgebungshall. Wir empfehlen, das Spiel wenn möglich mit englischer Sprachausgabe zu spielen, auch wenn die Dialoge an sich in beiden Ausgaben sehr gut gelungen sind.
Horizon: Zero Dawn lässt optisch zwischen PlayStation 4 und PlayStation 4 Pro kaum Unterschiede erkennen, diese werden erst ab 4k-TVs bemerkbar. Die Performance ist sehr gut, einzig die Ladezeiten beim Schnellreisen zwischen zwei weit entfernten Orten könnten etwas geringer sein.