Als das Pokémon Anime das erste Mal im deutschen Fernsehen ausgestahlt wurde und Pokémon Blau/Rot für Game Boy Color erschien, muss ich ungefähr elf Jahre alt gewesen sein. Das Pokémon Fieber war nun auch in Europa ausgebrochen: Egal ob das Tauschen von digitalen Pokémon mit Linkkabel, das Handeln mit bunten Stickern, oder das Kämpfen mit den verschiedenen Sammelkarten, im eigenen Freundeskreis hatten viele zumindest irgendwie mit den Taschenmonstern zu tun. Nun erscheint zum 20-jährigen Jubiläum von Pokémon durch die Kooperation von Bandai Namco und The Pokémon Company das Beat’em’Up Pokémon Tekken. Ob das Kampfspiel auch objektiv die Erwartungen erfüllen kann, oder ob ein lang gehegter Kindheitstraum wie eine Seifenblase zerplatzt, könnt ihr in unserem Review zum Spiel nachlesen.
Auch wenn es der Name vermuten lässt: Mit Tekken hat das Spiel in erster Linie nur die Entwickler gemein. Natürlich ist Pokémon Tekken wie auch der namensähnliche Vetter ein Beat’em’up, allerdings ist es kein einfacher Klon im Pokémon Gewand, sondern hat eigenständige Merkmale, die es von anderen Kampfspielen unterscheidet. Der auffälligste Unterschied ist die Aufteilung des Kampfes in zwei Phasen: Feld- und Kampfphase. Der Kampf startet immer in der dreidimensionalen Feldphase, bei der sich die Kamera hinter dem Pokémon des Spielers befindet und in der sich die beiden Kontrahenten innerhalb eines Bereiches in der Arena relativ frei bewegen und attackieren können. Schafft es eines der Pokémon einige gezielte Treffer und Kombinationen zu landen, wird das andere weg geschleudert und das Geschehen wird in einer zweidimensionalen Kampfphase fortgesetzt. Die Kameraperspektive von letzterer Phase erinnert dann wieder etwas mehr an reguläre Beat’em’ups.
Die Umstellung auf die verschiedenen Phasen ist ein wesentlicher Aspekt des Spiels, denn auch von der Kampfphase kann wieder ein Wechsel zurück zur Feldphase ausgelöst werden. Darüber hinaus spielen die drei Angriffsarten Standard-, Greif- und Konter-Angriff eine wichtige Rolle, da diese sich wie Schere, Stein, Papier jeweils gegenseitig schlagen, wenn sie gleichzeitig ausgeführt werden. Landet man auf diese Art einen kritischen Treffer füllt sich unter anderem so das Resonanzmeter auf. Ist die Leiste gefüllt, kann man mittels Tastendruck den Limit-Zustand jedes Pokémon aktivieren: Bei manchen Pokémon heißt das, dass diese sich in ihre Mega-Entwicklung verwandeln, bei anderen, dass diese eine Art Aura erhalten. In jedem Fall werden für kurze zeit Angriff und Verteidigung erhöht, die KP regenerieren sich langsam und man hat die Möglichkeit einen Limitschlag zu versuchen, der bei einem Treffer beträchtlichen Schaden anrichten und auch schon mal die Hälfte der gegnerischen Energie abziehen kann.
Insgesamt fühlt sich das Kampfsystem sehr gut an, man merkt allerdings dass das Kampfsystem nicht für Beat’em’up Veteranen gedacht ist. Kombos sind ohne komplizierte Steuerkreuzbewegungen durch das Verwenden von Richtungs- und Schlagtasten relativ einfach zu bewältigen und erfordern zwar Übung, aber diese sind auch mit etwas weniger Geschick gut ausführbar. In Pokémon Tekken stehen einen insgesamt 16 spielbare Charaktere mit vier verschiedenen Kampfstilen, Standard, Tempo, Kraft und Technik, zu Verfügung. Ihr habt unter anderem die Wahl zwischen Lohgock, Glurak, Pikachu, Gewaldro, Suicune, Gengar und mehr, die sich vom Spielgefühl schon deutlich voneinander unterscheiden können. Auf der einen Seite ist es schade, dass nicht mehr Pokémon spielbar sind, wenn man bedenkt, dass mittlerweile insgesamt 721 unterschiedliche Taschenmonster existieren. Auf der anderen Seite sind 16 Kämpfer für eine neue Kampfspielserie eine solide Anzahl, und die Pokémon ausreichend verschieden, langfristig könnte dies allerdings den Spielspaß mindern. In den Kämpfen selbst wird man ebenso mehr als zwei dutzend nicht-spielbare Taschenmonster als Helfer-Pokémon begegnen, die gewisse Boni verleihen oder Schaden austeilen können.
Die Optik von Pokémon Tekken ist durchwegs gelungen und man hat tatsächlich zum Teil das Gefühl in einem Pokémon-Kampf, wie man ihn aus den Anime kennt, verwickelt zu sein. Auch die Musik trägt einen Teil der guten Stimmung bei. Als Spieler kann man das eigene Aussehen selbst gestalten und im Verlauf des Spiels verschiedenste Kleidungsstücke freispielen, um den Avatar nach belieben zu gestalten. Die Avatare und menschlichen Charaktere sind hierbei im Animestil gezeichnet. Natürlich gibt es in Pokémon Tekken auch einen Single- und Multiplayer-Modus – letzterer ist sowohl lokal, als auch online verfügbar. Wer lokal gegen einen Freund antreten will, muss allerdings Kompromisse eingehen, da nur ein Spieler auf dem Bildschirm, und der andere auf dem Display des Wii U GamePads spielen muss. Dies liegt wohl vor allem daran, dass man in der Feldphase die Kamera hinter dem eigenen Pokémon hat, trotzdem schade, dass hier kein Splitscreen eingebaut wurde. Wer lokal nicht auf dem Wii U GamePad spielen möchte, hat zumindest die Möglichkeit zwei Wii U’s mittels LAN zu verbinden, sodass jeder auf seinem eigenen TV-Bildschirm spielen könnte. Der Einzelspielermodus beinhaltet eine kurze Geschichte und mehrere Ligen: Die ersten Ligen sind zwar für den Einstieg gedacht, allerdings hätten diese ruhig etwas schwieriger ausfallen können. Auch die Anzahl der Spielmodi im Single- und Multiplayer hätte etwas vielfältiger oder kreativer sein können. Interessant wären wohl auch Modi ohne Phasenwechsel gewesen, in denen nur jeweils in einer Phase gekämpft werden hätte können.
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[wptouch target=“mobile“]Die Wertung kann nur auf einem PC oder Tablet gelesen werden.
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Fazit:
[rating itemreviewed=“Pokémon Tekken“ rating=“77″ reviewer=“Florian Nichtawitz“ dtreviewed=“15.03.2016″ best=“100″ worst=“0″]Pokémon Tekken hätte meine Erwartungen als Kind wohl bei weitem übertroffen, als Erwachsener betrachte ich das Spiel allerdings etwas nüchtener. Das Kampfspiel macht auf vielen Ebenen alles richtig, man muss jedoch beim Kauf im Hinterkopf behalten, dass das Spiel für Fans von Beat’em’ups vermutlich zu wenig Komplexität beinhaltet. Der Langzeitmotivation könnte die Anzahl der Charaktere schaden, und ein Splitscreen wäre im lokalen Multiplayer wünschenswert gewesen. Positiv hervorzuheben sind die Phasenwechsel und der Flaire, den das Spiel vermittelt, denn man hat tatsächlich ein wenig das Gefühl im Anime gelandet zu sein. Insgesamt ist Pokémon Tekken gelungen, und bereitet vor allem Fans von Pokémon viel Freude.[/rating]