Ein emotionaler Sci-Fi Titel mit 16-Bit Charme. Benjamin Rivers‘ Alone With You sorgt nun auch auf dem PC für starke Gefühle. Was sich hinter dem narrativen Space-Abenteuer verbirgt, erfahrt ihr in unserer Review.
Das Terraforming Projekt eines neuen Planeten hat nicht so funktioniert, wie von der Firma Hudson-Cartier erwartet. Nach einer Umweltkatastrophe findet ihr euch als einzigster Überlebender in den Ruinen der ehemals blühenden Anlage wieder und erfahrt von der anwesenden K.I., dass der Planet in weniger als einem Monat explodiert. Eure einzige Fluchtmöglichkeit: Macht das Rettungsschiff wieder startklar und versucht euer Glück im Weltall, wo euch andere Raumschiffe einsammeln können.
Um euch zu unterstützen, simuliert die K.I. in einer Hologramm-Kammer vier Personen der zerstörten Kolonie, alle Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet. Diese Hologramme haben das Verhalten, Wissen und die Erinnerungen ihrer realen Vorbilder auf Basis eines Datenbackup und scheinen wie echte Menschen zu empfinden, denken und lernen. Gemeinsam macht ihr euch an die verschiedenen Aufgaben, um von dem Planeten zu fliehen.
Zerstörung, so weit das Auge reicht
Nicht nur die Story ist düster und deprimierend: selbst mit einfacher 16-Bit Grafik sind der zerfallende Planet und die zerstörten Anlagen treffend inszeniert. Unwetter, Verwüstung und Trostlosigkeit werden eure Begleiter sein. Die Besuche bei den Hologrammen werden dafür in schönen Landschaften, Wohnungen und anderen Orten dargestellt. Eine willkommene Abwechslung, auf die wir uns nach Abschluss einer Aufgabe immer gefreut haben.
Die 16-Bit Grafik ist für ihre Verhältnisse ansehnlich, die Textfelder sind stets leserlich und auch die Cutscenes sind solide umgesetzt. Scharfe Augen werden jedoch diverse Fläche erkennen, die mit verdunkelten Pixeln überdeckt sind und wie ein Filter auf der Bildoberfläche liegen. Das Bild wird dadurch stellenweise unnötig matschig und stellenweise farbloser. Besonders wenn der Bildschirm bei einem Ortswechsel schwarz wird, werdet ihr jene Flächen deutlich erkennen. Zwar verstärkt es die Atmosphäre und die Immersion, wenn wir uns an der Planetenoberfläche befinden, aber die durchgehende Anwendung fanden wir dann doch zu viel. Geschmackssache, die uns im 6 stündigen Spieldurchgang weniger gefallen hat.
Bewegt wird eure Figur unbekannten Geschlechts mit WASD oder den Pfeiltasten, mit der Leertaste wird interagiert und mit H ruft ihr die K.I. zur Hilfe. So einfach wie die Steuerung gehalten ist, so wenig könnt ihr sie in den Optionen verändern. Die Musiklautstärke und die Bildschirmauflösung lassen sich grob anpassen, die Steuerung hingegen bleibt unveränderbar. Immerhin werden Controller automatisch erkannt und funktionieren tadellos, auch in Kombination mit der Tastatur.
Real oder nicht real, das ist hier die Frage
Herzstück des gesamten Spiels sind seine Geschichte und narrativen Elemente. Am Tage kommentiert die K.I. eure Arbeitstouren und was ihr dabei vorfindet. Vermehrt stellt sie euch fragen, bei denen ihr die Wahl habt, was ihr antwortet. Dadurch eröffnen sich euch verschiedene Dialogoptionen, in denen ihr eure persönliche Meinung einbringen könnt. Doch hoffentlich beherrscht ihr die englische Sprache gut, der Titel kommt komplett in Englisch und bietet keine anderen Sprachausgaben an. Sehr schade, da er ansonsten problemlos von der ganzen Familie gespielt werden könnte.
Nach einem erfolgreichen Arbeitstag geht es dann in die Holo-Kammer, wo ihr einen der vier ehemaligen Bewohner der Kolonie trefft. Hier erwartet euch eine neue (simulierte) Umgebung, die eine langersehnte, optische Abwechslung zum kargen Planeten ist. Mit den Hologrammen könnt ihr über eure Funde reden und ebenfalls verschiedene Antworten auf ihre Fragen geben. Die Dialoge sind dabei sehr menschlich geschrieben und lassen euch wahrhaftig mit den Figuren mitfühlen. Ihr baut nachvollziehbar eine Beziehung zu den Charakteren auf und nehmt an ihrem Schicksal und Sorgen teil. Existentielle Fragen, Schuldgefühle und Bedauern plagen sie.
Seid ihr besonders fleißig beim Arbeiten gewesen, eröffnen sich hier zusätzliche Dialogoptionen, die euch einen tieferen Einblick in das Gefühlsleben der Hologramme geben. Das hat mächtig motiviert wirklich jeden Winkel abzusuchen, wenn wir unter Tags unsere Aufgaben erfüllt haben. Nicht nur waren die Dialoge liebevoll geschrieben, auch die eingeblendeten Bilder und Szenen haben die Geschichte emotional bis zum Höhepunkt vermittelt. Musikalisch legt der Titel wohlklingende Lieder auf und vertont auch Ingame viele Effekt passend. Den Ton für die Dialoge empfanden wir anfangs noch als recht schrill, doch haben wir uns schnell daran gewöhnt.
Erst die Arbeit, dann die Hologramme
Bevor ihr euch einem lockeren Gespräch widmen könnt, steht die Arbeit an. Nachdem ihr zu einem von mehreren Orten aufgebrochen seid, beginnt die Suchaktion. Ihr lauft durch Überreste der Anlagen und analysiert mit eurem Allzweck-Scanner nicht nur wichtige Gegenstände für eure Heimreise, sondern auch Notizen, Tagebücher und Datenpads der ehemaligen Bewohner. Diese geben euch Aufschluss über deren Leben und die Ereignisse in der Kolonie, nach der Katastrophe. Leider findet ihr auch deren Überreste und werdet von der K.I. dann informiert, wessen Körper gerade vor euch liegt und was er zu Lebzeiten gemacht hat.
Bei euren Touren könnt ihr auch besondere Gegenstände finden, die für die Hologramme besonderen Wert haben und euch neue Dialogoptionen ermöglichen. Einige Geschichten, die sich zwischen den verstorbenen Arbeitern ereignet haben, konnten wir so auch lüften und mehr über das Leben der Bewohner erfahren. Während ihr eure Aufgabe erfüllt, müsst ihr ab und zu kleine Rätsel erfüllen. Sucht das Passwort für das Terminal, löst das Zahlenrätsel, holt das richtige Werkzeug. Diese waren nicht besonders schwer, haben jedoch für angenehme Abwechslung gesorgt und den inneren Detektiv glücklich gemacht. Zu besonderen Gelegenheiten winkt ein zusätzlicher Besuch bei einem Hologramm eurer Wahl. Hier besteht der größte Reiz, den Titel mehrmals durchzuspielen und alle Dialoge und Kombinationen zu erleben.
Gewählt ist gewählt, keine zweite Chance
Doch der Knackpunkt der uns leider viel Spielspaß verdorben hat, war das Speichersystem. Alone With You hat ein automatisches Speichersystem, was in regelmäßigen Abständen euren Fortschritt speichert. Ihr könnt jedoch keinen individuellen Speicherpunkt setzen oder mehrere Spielstände gleichzeitig haben. Möchtet ihr also ab einem bestimmten Punkt im Spiel einen separaten Spielstand erstellen oder laden, um die verschiedenen Dialogoptionen durchzugehen, müsst ihr dafür umständlich selber an der Spielstand-Datei werkeln. Ansonsten bleibt euch nur die Möglichkeit das Spiel komplett von vorne zu starten. Auch nach dem Durchspielen wird euch keine Möglichkeit gegeben, die verschiedenen Dialogoptionen und ihre Folgen auszuwählen. Achievement-Hunter und Perfektionisten kommen also nicht drum herum, den Titel mehrmals komplett durchzuspielen. Doof, selbst bei einem kleinen Spiel hätten wir uns zumindest mehrere Speicherstände gewünscht.
Um die gestellten Aufgaben und Rätsel zu erfüllen braucht es Zeit und die Adventure-Elemente sind nicht dermaßen spaßig, dass neue Dialogantworten und alternative Szenen genug Motivation waren, um uns sofort nach dem Durchspielen erneut die ganze Mühe zu machen. Das automatische Speichersystem zwingt einen, jedes Mal das Spiel neu zu beginnen, wenn man eine neue Option bei einer Frage oder bei einer Auswahl testen möchte.
Wer den Titel bereits für die PS4 besitzt fragt sich womöglich, was an der PC Version neu ist und ob sich ein erneuter Kauf lohnt. Neben Achievements, ein paar zusätzlichen Szenen und einem neuen Texturfilter, gibt es einen neuen Raum in der Kolonie, die Messehalle. Hier könnt ihr zusätzliche Einsicht in eure vier holografischen Freunde erlangen, welche sich mit dem Spielfortschritt stetig verändert. Schöne Ergänzungen, doch können wir aufgrund des geringen Zusatzcontents keinen erneuten Kauf zum vollen Preis empfehlen.
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[wptouch target=“mobile“]Die Wertung kann nur auf einem PC oder Tablet gelesen werden.
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Fazit:
[rating itemreviewed=“Alone With You“ rating=“72″ reviewer=“Martin Federlein“ dtreviewed=“10.02.2017″ best=“100″ worst=“0″]
Alone With You ist ein wunderschönes, narratives Spiel, welches euch mit seinem 16-Bit Charme auf eine mehrstündige, emotionale Reise schickt. Mit liebevoll gestalteten Figuren, Dialogen und Inszenierungen fühlt ihr mit den Charakteren mit und befasst euch fortwährend mit ihren Sorgen und Fragen. Das Gameplay ist mit seinen kleinen Rätseln und Erkundungstouren anfangs noch reizvoll, wird mit der Dauer jedoch recht Monoton. Die anschließenden Dialoge haben aber prächtig motiviert, um weiterzumachen und die Geschichte voranzutreiben. Leider kommt das Spiel mit einigen Gebrechen, die ihm viel Potential rauben. Die rein englische Sprachausgabe, das spartanische Speichersystem und die mageren bis nicht existenten Anpassungsmöglichkeiten für Bild und Steuerung halten den Titel zurück. Schade, gerade bei kleineren Titeln fallen solche Gebrechen stark auf. Wer kein actionreiches Gameplay braucht, sich von einfacher 16-Bit Grafik nicht abschrecken lässt und einen Hang für narrative Spiele hat, wird seine Stunden mit Alone With You nicht bereuen. Wem die Mühe nicht zu schade ist, die vielfältigen Dialogoptionen dennoch auszutesten, wird mit dem Titel sehr lange Freude haben. Braucht ihr keine unterschiedlichen Dialogoptionen oder Gameplay-Elemente und legt stattdessen vollen Wert auf eine fesselnde Geschichte und Soundtrack, können wir euch obendrauf To The Moon empfehlen.
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