Dieser Titel will Teenie-Horror spielbar machen – und schreckt dabei vor nichts zurück. Aber wie gut und glaubhaft ist der Albtraum in den Bergen? In seinen besten Momenten ist „Until Dawn“ eine schöne Hommage an den Teenager-Horrorfilm. Es spielt rücksichtslos mit Klischees und bietet ein solides System, um getätigten Entscheidungen auch schonungslose Konsequenzen folgen zu lassen.
Entwickler Supermassive Games hat zahlreiche denkwürdige Horror-Elemente in das Spiel gepackt. Acht Stereotypen haben sich in einer einsamen Hütte im Wald eingefunden, um Party zu machen. Warum sind sie dort? Natürlich um den Jahrestag des mysteriösen Verschwindens ihrer Freundin zu begießen.
Die Welt von „Until Dawn“ ist klein, wurde dafür aber schön feindlich gestaltet. Das Anwesen steckt voller Geheimnisse, und auch die umliegende Gegend hat es in sich. Das Gefühl von Einsamkeit vermitteln die Entwickler gekonnt, und es beschleicht einem das hartnäckige Gefühl, beobachtet zu werden.
In der ersten Spielhälfte treibt es das Spiel nicht selten auf die Spitze der Absurdität: Leute nehmen ein Bad, während sie ihre Kopfhörer tragen; Pärchen ist kein Weg zu weit, um Sex zu haben; und viele denken, andere beinahe zu Tode zu erschrecken, sei lustig. Das ist tatsächlich so schlecht, dass es schon wieder gut ist, absichtlich schlechte Jokes eben.
Solch Missbrauch an Genre-Klischees erzeugt Heiterkeit und täuscht anfangs darüber hinweg, dass es hier tatsächlich um Leben und Tod geht – für alle. Entwickler Supermassive versteht es zudem, den kalten Horror einschlägiger Filme in den Titel zu packen: Kameraperspektive, Jump Scares, unheimvoll klingende Töne, schreckliche Tode – es ist alles da.
Während die Erzählung in der zweiten Spielhälfte leider ein wenig schwächelt, hält einem – neben dem schaurigen Gefühl gleich sterben zu müssen – das Entscheidungssystem bei der Stange. Die Aufgabe ist, so viele Charaktere wie möglich zu retten (oder zu töten?) – und jede ihrer Entscheidungen (unter eurer Anleitung) nimmt Einfluss auf ihr Schicksal. Eine Waffe zweckentfremden? Könnte ins Auge gehen. Gemeinheiten gegen einen anderen Charakter? Ihr werdet seine Hilfe möglicherweise nicht erhalten, wenn ihr sie unbedint benötigt. Manche Entscheidungen haben lediglich kleinere Konsequenzen, andere werden euch regelrecht geschockt zurück lassen; insgesamt ein befriedigendes Erlebnis, die Folgen seiner Handlungen zu erkennen. Auch ein zweiter Durchgang bietet sich so an, um möglichst alle Feinheiten und Geheimnisse zu entdecken.
Quick-Time-Events spielen ebenfalls eine große Rolle in „Until Dawn“. Wie gewohnt, können diese Aktionen schon mal nerven; die Strafen für Versagen sind jedoch so hoch, dass die Motivation niemals verschwindet. Einige der spannendsten Momente ergeben sich aus knallharten Verfolgungsjagden, wo in Sekundenbruchteilen über den weiteren Fluchtweg entschieden wird – und Versagen keine Option ist. An dieser Stelle sei erwähnt, dass man besser die Finger von der optionalen Motion Control lässt; ursprünglich dafür designt, macht man sich das Leben so unnötig schwer.
Weniger gut gelungen ist zudem die eigentliche Story und die seperaten Episoden mit „Doctor Hill“ (gespielt von Fargos Peter Storemare). Wer dem Psychiater seine wahren Ängste offenbart, kann sich schnell ausmalen, wozu das in der Folge führen wird …
Fazit:
[rating itemreviewed=“Until Dawn“ rating=“84″ reviewer=“Stefan Kluger“ dtreviewed=“20.09.2015″ best=“100″ worst=“0″]
„Until Dawn“ ist eine nicht fehlerfreie aber unterhaltsame und ziemlich gruselige Erfahrung. Bessere Story-Schreiber hätten der schwachen Geschichte womöglich zu mehr Größe verholfen, so dient sie notdürftig als Rahmen, um die zahllosen Anspielungen traditioneller Horrorfilme zusammen zu halten. Schweißtreibende Verfolgungsjagden und folgenschwere Entscheidungen sind hier das Salz in der Suppe. Und eine willkommen Abwechslung vom aktuellen Serienwahnsinn ist der Überlebenskampf in den Bergen allemal.
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