Der Planet Nexus wartet auf dich! Nach sieben Jahren Entwicklungszeit präsentiert sich Wildstars als neustes MMORPG von Carbine und NCsoft. Angesiedelt in einem futuristischen Sci-Fi Setting mit bunten, comichaften Figuren, kombiniert der Frischling alte und neue Mechaniken des Genres. Aber reichen sie aus, um in einem hart umkämpften Markt zu überleben? Vor allem als traditionelles, kostenpflichtiges Abo-Modell? Erfahrt mehr, warum euch Wildstars dennoch begeistern oder vergraulen kann.
Als neues MMO auf dem Markt hat man es heutzutage nicht leicht. Die Konkurrenz mit Free-to-Play-Titeln ist enorm und auch Größen wie World of Warcraft oder seit Neustem The Elder Scrolls: Online machen es Neueinsteigern auf dem Markt nicht leicht. Wildstar versucht sich dennoch und macht dabei eine richtig gute Figur.
Heldengeburt 2.0
Bevor es richtig losgeht, muss natürlich erst ein Charakter erstellt werden. Achtet darauf, auf dem Server eurer Freunde zu spielen; ein nachträgliches Wechseln, ohne dass ihr einen neuen Charakter erstellen müsst, ist nur mit Bargeld möglich. Schließt ihr euch den „Exilanten“ an, die einfach nur ihre Ruhe auf einem neuen Planeten wollen, oder doch lieber dem „Dominion“, was sich mal eben den Rest der Galaxis untertan machen möchte? Je nachdem welche Fraktion ihr wählt, habt ihr eine Auswahl an mehreren, exklusiven Rassen. Die Individualisierungsmöglichkeiten sind zwar nicht mit einem Skyrim zu vergleichen, aber für ein MMO habt ihr ordentlich Freiraum zur Gestaltung eures Helden. Je nach Rasse stehen euch verschiedene Klassen mit ihren jeweils einzigartigen Fähigkeiten zur Auswahl. Zu guter Letzt wählt ihr einen von vier Pfaden, doch zu diesen später mehr.
In Wildstar gibt es einfach ausgedrückt drei Rollen: „Damage Dealer“ zum Monster kaputt machen, „Tank“ um Prügel von den Bösewichten abzufangen und „Healer“, um die Gruppe am Leben zu erhalten. Was schön ist: jede Klasse kann ordentlich auf die Mütze hauen! Drei Klassen können potentiell die Rolle als „Tank“ übernehmen, die anderen drei können sich als „Healer“ versuchen. Das System nimmt mit einem praktischen Kunstgriff Komplexität aus dem Spiel, wodurch eure Klasse nicht zwangsläufig in eine einzige Rolle gedrängt wird.
Ebenfalls schön gemacht ist das Skill- und Talentsystem (V.I.P-System). Ist euer Level hoch genug, könnt ihr neue Skills kaufen und je nach persönlichem Geschmack in eure Aktionsleiste ziehen. Da ist aber noch nicht Schluss. Gekaufte Fähigkeiten können mit zusätzlichen Punkten – die ihr beim Aufleveln sammelt – aufgewertet werden und erhalten sogar besondere Zusatzeffekte, wenn die Stufe hoch genug ist.
Der Fähigkeitsbaum bietet euch in erster Linie passive Verstärkungen wie Lebensraub, erhöhten Schaden oder eine stärkere Verteidigung an. Solltet ihr irgendwann mal der Meinung sein, eure Skillungen taugen nichts mehr, könnt ihr für einen fairen Geldbetrag alle Punkte neu umverteilen, so oft wie ihr wollt (und Gold habt).
Große Taten, wenig Worte
Da wir von unnötiger Gewalt nichts halten, haben wir uns den „Exilanten“ angeschlossen, um ihnen endlich ihre wohlverdiente Heimat zu beschaffen. Die Story startet mit einer Rettungsmission und zieht euch für die ersten Stunden richtig gut mit hinein. Ihr bekommt den Eindruck mit eurem Handeln wirklich etwas zu erreichen. Leider verfällt dieser recht schnell und der anfängliche Zauber der Story verfliegt.
Der Zauber des Kampfsystems hingegen wird euch eine ganze Weile an euren Stuhl festhalten. Das Gameplay ist fordernd und erfordert ständiges Beobachten eures Umfelds. Automatische Attacken gibt es nicht, ihr müsst die Tasten für eure Skills benutzen um euch zu wehren. Vernachlässigt dabei aber nicht eure Deckung. Die Gegner sind nicht von gestern und schlagen mit teils fiesen Attacken brutal zurück. Um nicht gleich am Anfang K.O. zu gehen, müsst ihr euch bewegen, den Angriffen ausweichen. Markierungen auf dem Boden zeigen nicht nur wo eure Angriffe landen, sondern auch, wo die Attacken der Gegner zu erwarten sind. Mit Ausweichmanövern wie in Guild Wars 2 kann sich eure Figur in alle Richtungen in Sicherheit hechten, aber eben nur begrenzt. Richtiges Positionieren – damit eure Angriffe auch da landen, wo die Monster sich tummeln – und Timing sind in Wildstar mehr gefragt, als ihr es sonst vermutlich gewohnt seid. Dadurch wird das Kämpfen dynamisch und herausfordernd.
Spaßig sind auch die Quests, die ihr während eures Abenteuers erfüllen könnt. Diese bieten viel Abwechslung und zeigen Einfallsreichtum. Mal müsst ihr nur bestimmte Gegner besiegen, dann ein paar Motor-Bikes manipulieren, es muss der Prototyp einer Waffe an unglücklichen Gegnern ausprobiert werden, Minen gilt es zu entschärfen und hin und wieder müsst ihr euch als Rohstoffsammler probieren. Die Quests wiederholen sich zwar vom Prinzip her, doch in einer gut verpackten Variation, welche angenehme Unterhaltung bietet. Aufgaben könnt ihr nicht nur an NPC’s abholen, manchmal werdet ihr via Funk angebimmelt und bekommt eine Quest angeboten. Nach einer gewissen Zeit kann es aber sein, dass euch die Quests zum Hals rauskommen…
Weniger ist manchmal mehr
Dass es viele Quests zu erledigen gibt, spricht zwar für umfangreichen Content, aber ihr werdet euch schnell überfordert fühlen. Dies liegt nicht daran, dass ihr verwirrt durch die Gegend streunert, auf der Suche nach dem richtigen Gebiet – ein Pfeil zeigt euch samt Entfernung an, wohin ihr gehen müsst, um die Quest zu erledigen. Es stehen jedoch drei neue Aufgaben zur Verfügung, kaum gebt ihr eine Mission ab. Erledigt eine davon, wieder werden drei neue freigeschaltet. Wer alle Quests erfüllen möchte, wird früher oder später laut seufzend einer Questlawine gegenüber stehen.
Die regionalen, zeitbegrenzten Herausforderungen haben ein ähnliches Problem. Sie sind zwar abwechslungsreich und spaßig – mit einer Belohnung je nachdem wie gut eure Performance war – aber im späteren Spielverlauf erwischt ihr euch immer wieder dabei, diese zu ignorieren. Mit einem Berg unerfüllter Quests im Gepäck ist es verständlich, dass manche die zahlreichen Herausforderungen bald als lästig empfinden und den Aufwand als nicht der Mühe wert sehen. Schade, viele von diesen Herausforderungen sind wirklich spaßig.
Das Leben außerhalb der Schlacht
Doch neben Quests gibt es auch auch noch eure Pfadmissionen. Bei der Charaktererstellung wählt ihr einen der Pfade „Soldat“, „Siedler“, „Wissenschaftler“ und „Kundschafter“, welche jeweils einzigartige, freischaltbare Skills für euch bereit halten. Je nachdem welche Art des Spielens euch gefällt, bieten die Pfadmissionen genau solche Missionen an. „Soldaten“ wollen besonders viele und große Gegner kloppen; „Siedler“ sammeln Ressourcen und bauen Buff-Stationen; „Wissenschaftler“ wollen alles untersuchen und Informationen sammeln; die „Kundschafter“ wollen neue Gegenden entdecken und sich im Jump&Run Style an unbekannte Orte wagen. Aber Achtung! Ihr könnt euren Pfad später nicht mehr ändern, also wählt mit Bedacht.
Neben den typischen Instanzen, bis zu 40-Spieler Raids und PvP-Schlachten, gibt es auch euer eigenes Haus mit Garten und „Abenteuer“. Hierbei erfüllt ihr eine Quest in einem sonst nicht begehbaren Setting. Voller stolz sind wir nach Nexus zurückgekehrt, nachdem wir eine infizierte Mine von ihren Monsterkrabblern befreit hatten.
Bei der ganzen Kämpferei gibt es natürlich auch Berufe. Zwei könnt ihr gleichzeitig ausüben und wenn ihr wechselt, bleibt der Fortschritt erhalten. Wer nicht nur schwere Rüstungen schmieden und Erz abbauen will, kann beruhigt mal ein Reagenzglas in die Hand nehmen und Tränke aus gesammelten Kräutern herstellen. Wer zu oft sein Handwerk in kurzer Zeit wechselt, kriegt ein kurzfristiges Wechselverbot.
Nur Bares ist Wahres
Wer ungern eine monatliche Gebühr zahlt, dem haben die Entwickler eine Alternative zu bieten. Spieler können für Bargeld einen Ingame-Gegenstand erwerben, der frei handelbar ist, C.R.E.E.D.. Damit erhält ein Spieler einen Monat Spielzeit. Wer also das nötige Kleingeld in der Tasche hat und statt Euro lieber mit Ingame-Geld zahlen möchte, für den erscheint das eine prima Lösung. Fraglich ist nur, ob das System auch in der Praxis richtig funktioniert und die Preise nicht durch Inflation seitens Goldfarmer ins unermessliche getrieben werden, sodass sich letztlich keiner mehr C.R.E.E.D. kauft. Gemein ist auch, dass ihr C.R.E.E.D. im Voraus benutzen müsst. Ist eure Spielzeit abgelaufen könnt ihr noch so viele davon im Inventar haben, das Spiel lässt euch nicht mal mehr einloggen.
Auch wenn Wildstar nach einem fertigen Spiel aussieht, hat es dennoch ein paar technische Gebrechen. Fehlende Sprachübersetzungen, Gegner die keinen Schaden nehmen und in seltenen Fällen ein leicht überlasteter – und laggender – Server. Verzeihbar wenn man bedenkt, dass der Titel seit kaum einem Monat auf dem Markt zu haben ist. Wenn man aber bedenkt, dass er über sieben Jahre Entwicklungszeit, einen ordentlich Kaufpreis mit monatlich Abo-Kosten hat, hinterlassen diese Mängel einen bitteren Nachgeschmack.
Fazit:
[rating itemreviewed=“Wildstar“ rating=“8″ reviewer=“Martin Federlein“ dtreviewed=“20.06.2014″ best=“10″ worst=“0″]Wildstar macht vieles richtig, aber auch nicht viel neu. Aus verschiedenen MMO’s nimmt es sich tolle Features heraus und bündelt sie in einem neuen Spiel. Das Ergebnis macht viel Freude. Der futuristische Comiclook mag nicht jedermanns Sache sein, persönlich gefällt er mir sehr. Spielerisch ist der Neuling dynamisch und ausgereift, wenn auch nicht ganz ohne technische Mängel. Was wir bisher von Wildstar gesehen haben überzeugt und ist richtig fesselnd. Das Gameplay und der gebotene Inhalt – der euch leider manchmal überfordern kann – sind erstklassig und für MMO Fans empfehlenswert. Potenziell warten hunderte von Stunden Unterhaltung auf euch. Ob sich das traditionelle Abo-Modell jedoch durchsetzen wird, kann man noch nicht sagen. Der zukünftige Service, Qualität und Content entscheiden, ob die Spieler (und ihr) jeden Monat ihre Brieftaschen öffnen wollen.[/rating]