Train Fever

Das Crowdfunding manchmal auch richtig gute Produkte fördern kann, wird immer mehr Leuten bewusst. Wer davon noch nicht überzeugt ist, sollte sich Train Fever einmal zu Gemüte führen. Die Wirtschaftssimualtion wird als inoffizieller Nachfolger von Transport Tycoon gehandhabt, welches seit 1994 seinen verdienten Ruhestand entgegenfiebert.

 

 

 

Langsam schiebt sich der schwere Zug, Modell Class 75.4 Baden VI c, die Steigung hinauf, während die Passagiere die Aussicht übers Tal genießen. Unaufhaltsam wird sich ein Weg entlang der Schienen den Berg hinauf gebahnt, um dann in einem Tunnel zu verschwinden, eine Brücke zu überqueren und dann die Talfahrt wieder anzutreten. Auf dem Nebengleis, vor dem Haltesignal, steht gemütlich ein Güterzug und wartet darauf die Strecke nutzen zu können. Nach kurzer Weiterfahrt fährt der Baden VI c in den Bahnhof ein und lässt die Fahrgäste Ein- und Aussteigen.

Was wie der Anfang eines Liebesromans klingt ist in Wirklichkeit ein Einblick in das Spiel Train Fever. Vom schweizerischen, vierköpfigen Indie-Studios Urban Games entwickelt, soll Train Fever DAS Spiel für Simulatoren-Fans und Modelleisenbahn-Liebhaber sein.

Worum geht es überhaupt?

Für diejenigen, die nie in den Genuss von Transport Tycoon kamen, ist es schwer nachzuvollziehen, woher diese Euphorie kommt. Der Klassiker war geprägt von einem simplen, aber fordernden Spielprinzip: Baue eine Logistikgesellschaft auf, Transportiere Güter und Menschen, und verdiene Geld. Dies wird auch von Train Fever verlangt. Dabei darf der Spieler bauen, wie es ihm beliebt, er muss also keine Aufgaben erfüllen, sondern wird rein vom Spaß am Spielen voran getrieben. Dies ist ein schwieriges Unterfangen, gerade für einen Shooter-Liebhaber, welcher das actionreiche, blitzschnelle Spielen liebt. Anders in dieser Wirtschaftssimulation: Zurücklehnen, zuschauen, genießen – Das ist der Weg zum Glück.

screen_01_11Wir bauen also unsere erste Zugverbindung zwischen 2 Städten. Da wir im Jahr 1850 starten, steht uns zunächst nur die kleine Dampflok Norris D 1/3 zur Verfügung, welche mit gemütlichen 40 km/h durch die Landschaft tuckert. Die Bewohner der beiden Städte sind es bisher gewohnt, nur in ihrer eigenen Stadt zu arbeiten und einzukaufen, da Automobile noch nicht der breiten Masse zugänglich sind. Dank meiner neuen Strecke können sie dies nun auch in der Nachbarstadt tun und das nutzen sie auch. Somit bekommen wir Geld in die Kasse und legen den Grundstein für unser Unternehmen. Eine „Personen-Transportroute“ (ich nenne dies extra so, denn „Busstrecke“ kann man aufgrund der fehlenden Busse in dieser Zeit noch nicht sagen) im Inneren der Städte erleichtert es den Menschen zum Bahnhof zu kommen, doch sind die Pferdekutschen teilweise noch recht langsam unterwegs.

Die Jahre ziehen ins Land und wir schreiben das Jahr 1895. Die Pferdekutschen wurden durch den Landauer, einer motorisierten Kutsche, getauscht. Das haben wir getan, weil diese mehr Passagiere befördern kann und schneller unterwegs ist. Außerdem waren die Unterhaltskosten der alten Kutschen bereits höher, als wir durch die Fahrten Umsatz machten, denn: Desto älter die Fahrzeuge, desto höher auch die Wartungskosten. Klingt doch logisch, oder?

horse_transporterUnsere Zugverbindung haben wir auch ausgebaut. Eine dritte Stadt wurde dem Gleissystem zugefügt und da immer mehr Personen die Züge nutzen wollen, haben wir ein zweites Gleis inklusive Schienensignale gebaut und lassen nun 2 Züge mit mehr Waggons die Strecke befahren. Bei einem benachbarten Ölfeld haben wir eine Strecke eingerichtet, um die Raffinerie zu beliefern, welche sich auf der anderen Seite der Stadt befindet. Bisher lief dies von alleine, allerdings zahlen sie auch gerne dafür unsere schnelleren Pferdekutschen (bis dato gibt es noch keine LKWs) zu nutzen. Die Güter, welche in der Raffinerie produziert werden, lassen wir wiederum an unsere Stadt liefern, wo sie in den Industrien einfließen.

Und das Ziel des Ganzen?

Der Transport von Personen und Gütern hat natürlich auch einen Effekt: Expansion! Die Städte werden größer und entwickeln sich weiter. Mehr Mensche wollen in den Städten wohnen, welche über Güter und Personenverkehr verfügen. Jene Ballungsräume, welche diesen Luxus nicht haben, stagnieren. Dasselbe gilt für die Industriegebäude, welche man beliefert und abtransportiert. Sie erhöhen oder verringern ihre Produktion, je nachdem wie gut die Logistik funktioniert. Hierbei tritt vor allem das Gesetz des Stärkeren in Kraft: Befindet sich eine Kohlemine zwischen 2 Städten und beliefert beide, so werden wesentlich mehr Waren zu jenem Handelsweg geschickt, welcher die Waren schneller transportieren kann. Klingt kompliziert, ist es aber nicht! Allerdings sollte man diese Situation am Besten versuchen zu vermeiden, weil man sich sonst ärgert, dass es nicht so funktioniert wie man möchte.

train_br_218_cargo_camera_1Ein paar Jahrzehnte später haben sich unsere ersten beiden verbundenen Städte von der Größe her bereits verdoppelt und die Nachfrage boomt. Neue Städte wurden auch schon unserem Netz hinzugefügt, außerdem haben wir einige Strecken mit einer Stromoberleitung nachgerüstet, damit auch die Elektrozüge fahren können. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zieht sich quer durchs Land und der Re 6/6 (620) rast mit 140 km/h über die Brücken und durch die Tunnel dieser Strecke.

Wie kann man sich die Welt vorstellen?

Train Fever bietet also eine Menge an Bau- und Entwicklungsmöglichkeiten. Die Grafik kommt dabei nicht zu knapp. Die schöne, zufallsgenerierte Karte bietet Berge, Täler, Wälder, Seen und Flüsse. Eben alles, was das mitteleuropäische Herz begehrt. Und das auch noch in 3 verschiedenen Größen. Dabei bietet das Spiel genau das, was uns Sim City 5 versprochen hatte: Wir können jede Person und jede Ware genau verfolgen. Klicken wir eine Person an, sehen wir genau wo er wohnt, arbeitet, shoppt und seine Freizeit verbringt. Wir sehen wo er hin will und können verfolgen, ob er auch unsere Verkehrsverbindung nutzt, oder lieber zu Fuß geht. Wo am Anfang noch unsere Kutschen die Straßen beherrschten, kreuzen später die PKWs der Städter unsere Wege. Dabei wächst alles nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe. Die kleinen Bauernhäuser sind Wolkenkratzern gewichen und die Industrie hat sich auch weiter entwickelt. Beim Brückenbau dürfen wir auch entscheiden, ob wir lieber eine Stein- oder Metallbrücke haben wollen und können so die Strecke nach unseren Wünschen anpassen. Entscheidungen, ob wir Straßen aufbessern wollen und dadurch mehr Spuren, oder gar eine eigene Busspur haben wollen, dürfen wir auch treffen. Und sollte eine Straße in der Stadt mal unseren Schienen im Weg stehen, kann auch diese abgerissen und umbaut werden. Endlich mal ein Spiel, wie wir es uns wünschen! Wahnsinn!

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Klingt doch alles gut. Gibt es auch Negatives?

Wo Licht, da auch Schatten. Wobei die Schatten eher klein, und nicht sehr dunkel sind. Was recht schnell auffällt ist, dass es nur wenig Abwechslung in der Industrie gibt. Man kann entweder Öl zur Raffinerie, Holz zur Holzverarbeitung, oder Eisen und Kohle zur Schmelze bringen. Alle 3 produzieren dann Güter. Klingt fade, hat aber auch einen Hintergrund: Modding. Immer mehr Entwickler setzen auf dieses Feature und bei Train Fever war dies auch von Anfang an gedacht. Im Forum der Homepage sind jetzt schon eine Vielzahl an Mods zu finden. Stark zu empfehlen ist dabei von Anfang an der „Cargo Mod (made by Gwinda)“. Dieser fügt 6 neue Waren und 5 neue Industrien hinzu. Trotzdem hätten wir uns dies von Anfang an schon gewünscht.

Und sonst? Es tut mir Leid, aber ich habe nichts weiter zu beklagen. Es gibt sicher Kleinigkeiten, welchen den einen oder anderen auffallen werden. Zum Beispiel, dass Kutschen oder Busse keinen Fahrer haben. Oder das der Bau von Brücken zunächst etwas kompliziert erscheint. Hierzu eine Anmerkung: wenn Ihr eine Brücke, oder einen Tunnel bauen wollt, müsst ihr zuerst die Anfangs-Steigung, bzw. das End-Gefälle mit dem Straßen/Schienen-Werkzeug bauen. Erst DANN könnt ihr beide Seiten problemlos miteinander verbinden. Dies hat mir zum Beginn viel Kopfzerbrechen bereitet.

 

Train Fever
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  • Wertung der Redaktion: 5
  • Publisher: Urban Games
  • Getestet auf: PC
  • Preis: 24,99€ (Steam)
  • Reviewed von: Roman Völkel

Am 08. August 2014

+Einzigartige, dynamische Welt -Noch kein Multiplayer
+Angenehmer, passender Soundtrack - Wenige Industriewege (Ohne Mods)
+Liebevoll detailierte Fahrzeuge und Personen  
+Eingeplante Modding-Möglichkeit
+Geplanter Koop-Modus

Fazit:

[rating itemreviewed=“Train Fever“ rating=“9″ reviewer=“Roman Völkel“ dtreviewed=“08.09.2014″ best=“10″ worst=“0″]

Train Fever ist ein Wirtschaftssimulator der alten Schule und das gefällt mir gut. Wie schon mehrfach erwähnt, erinnert das Spiel stark an Transport Tycoon aus dem Jahr 1994 und gilt auch als dessen inoffizieller Nachfolger. Sowohl das Gameplay, als auch die Grafik sind für das Genre perfekt gewählt und lassen jedes Simulator-Fan-Herz höher schlagen. Die Anpassungsmöglichkeiten der Schienen und Straßen sind realistisch und umfangreich und die Fahrzeuge sind mit sehr viel Liebe gemacht. Es ist auf jedenfall einen Blick wert.

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3 Kommentare

  1. Kann vorkommen, es wurde ja im laufe der Zeit einiges verbessert, bis mitte Dezember die unsägliche Entscheidung getroffen wurde ein Hauptsraßen Feature einzuführen, die ging aber gründlich in die Hose, grundsätzlich ist so etwas ja begrüßenswert, wenn es denn mal Funktionieren würde, nach einer Zeit ist jede Straße ne Hauptverbindung, dies geht bis zu den kleinen Sackgassen, teilweise kann man noch nicht mal einen gerade gebauten Bahnhof abreißen da sein stück Straße als Hauptverbindung deklariert wird.
    Ist wirklich schade um das Game denn es hatte Potential, leider war es nur halbgare Kost, die Kommunikation zur Community ist auch äußerst Mager, nur hohle Phrasen kommen da zurück, UG muss noch einiges Lernen, bleibt die Hoffnung auf den zweiten Teil, Colosal Order hat ja jetzt mit Citys Skyline gezeigt dass man aus Fehlern (CIM 2) lernen kann .
    Übrigens habt ihr hier echt ne gute Seite!

  2. Also, ich habe Train Fever jetzt 170 Stunden gespielt und konnte keinen Koop Modus finden, aber etliche unangenehme Bugs konnte ich ausmachen, TF macht zwar Spaß nur kann man nach einer Weile diese, teils unverständlichen, Kollisionen nicht mehr ertragen. So kann man etwa ein Gleis in eine Richtung bauen nicht aber in die andere, nach einem Teilabriss hinter einer Weiche muss man auch die Weiche entfernen weil es nicht möglich ist Gleise daran zu bauen. In Städten sind manche Straßen erst gar nicht Aufzurüsten. Entfernt man eine Haltestelle einer Linie so verschwindet die visuelle Anzeige in Form einer bunten Linie Permanent , sie ist dann einfach weg. Beim Upgraden einer Straße Spawnen Fahrzeuge die sich in der Nähe befinden an zufällige Orte, dies Ruiniert erst mal den Takt und kann dazu führen dass die Linie ins Minus rutscht. Auch die Signale machen des öfteren Probleme, es kann schon mal passieren das sich Züge gegenseitig blockieren. Überhaupt ist es leider nicht möglich den Linien Gleise oder Straßen zuzuweisen, dies führt auch schon mal zu Ehrenrunden der Busse oder Trams!

    TF ist zwar kein Schlechtes Spiel aber es ist einfach noch Unfertig und viel zu früh Veröffentlicht, zwar schieben die Dev´s Patches hinterher und auch der Support ist Gut aber bis zur Finalisierung werden wohl noch Monate vergehen, dies kann man einem so kleinen Team aber durchaus verzeihen.

    Mods gibt es mittlerweile auch genügend, vor allem Züge, wer sich mit 3D Modellierung auskennt kann ganz leicht und sogar Kostenlos (Blender) eigene Mods erstellen. Wem die Züge zu Teuer sind, was ein erhebliches Problem von TF ist, der kann die Preise ohne großen Aufwand selbst editieren.

    • Hallo Franky,

      danke für dein Feedback zum Spiel. Ja, Train Fever hat hier und da seine Eigenheiten, was den Bau von Gleisen angeht, aber wenn man das erstmal verstanden hat, läuft es flüssig.

      Und das mit dem „gelungenen Koop-Modus“ war ein Tippfehler meinerseits. Wurde bereits korrigiert 🙂

      Grüße
      Roman

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