Vampyr

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75
Wertung

In „Vamypr“ geht es rund: London im Jahre 1918 hat mit so einigen Problemen zu Kämpfen. England befindet sich am Ende des ersten Weltkrieges und die Hauptstadt hat so einiges mitgemacht. Viele Soldaten verloren ihr Leben an der Front, doch auch die Metropole selbst hat eine Vielzahl an Bomben abgeworfen, welche von den Deutschen über sie abgeworfen wurde. Dazu kommt die Spanische Grippe, welche sich rasant ausbreitet und deren Opfer eigenartig aggressives Verhalten an den Tag legen lässt. Und in all dieser düsteren Verzweifelung erwacht ihr als Vampir.

 

Ihr übernehmt die Rolle von Dr. Reid, einen angesehenen Chirurgen, welcher während der Zeit als Arzt an der Kriegsfront, große Erfolge bei der Bluttransfusion erzielen konnte. Zwar steckt diese Behandlungsmethode noch in den Kinderschuhen, aber die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Euer Anliegen ist es so viele Menschen wie möglich zu heilen.


Doch es kommt anders als erwartet

[SPOILER WARNUNG – Wenn ihr den Prolog von Vampyr selbst miterleben wollt, überspringt die folgenden zwei Absätze.] Das Glück scheint jedoch nicht auf eurer Seite zu stehen. Ihr erwacht geschwächt und orientierungslos in einem der Massengräber Londons und könnt dieses mit letzten Kräften gerade so verlassen. Euer Körper zittert, ihr könnt euch nur schwach auf den Beinen halten, als eine Frau zu eurer Hilfe eilt und euch stützend in die Arme nimmt. Ihr könnt das Blut durch ihren Körper strömen hören und euer Hunger lässt euch ihr in den Nacken beißen und ihr den Lebensnektar entsaugen.

Durch den roten Saft etwas gestärkt, stellt ihr mit Entsetzen fest, dass es ausgerechnet eure eigene Schwester war, deren Leben ihr soeben beendet hat. Noch bevor ihr begreifen könnt, was soeben geschehen ist, sind auch schon eine handvoll Vampirjäger hinter euch her. Ihr versucht diesen zu entfliehen und rettet euch in eine verlassene Wohnung, deren verstorbene Einwohner noch auf den Boden liegen. Ihr nehmt die Waffe, welche noch auf den Tisch liegt, richtet den Revolver auf eure Brust… und drückt den Abzug.

Dr. Reid muss sich nun durch ein London kämpfen, wie er es noch nie gesehen hat. Eine unbekannte Seuche breitet sich aus, welche ihr bekämpfen wollt. Ihr habt Schuldgefühle wegen dem Tod eurer Schwester und dazu quälen euch Fragen, wie ihr überhaupt zum Vampir geworden seid.

Bereits während des Prologs wird schnell klar, wie düster und hoffnungslos die Stimmung von Vampyr ist. Und dies setzt das Spiel auch durchgehend weiter um. Witze und Humor sucht man vergebens, denn die Londoner sind zu sehr von den aktuellen Geschehnissen in der Stadt erschüttert. Und ihr, als Dr. Reid, habt nun auch nur die Bürde eines Vampires zu tragen. Das Leben der Stadtbewohner liegt in euren Händen.


Gut, oder Böse

Als Arzt erhaltet ihr alsbald ein Versteck in einem Krankenhaus der Stadt. Ihr findet Verbündete, welche eure Situation verstehen und ihr erfahrt, dass ihr nicht der einzige Unsterbliche seid. Doch was ist euer Ziel? Den hippokratischen Eid weiter einhalten, oder gebt ihr euch der Gier nach Blut hin?

Nun, es ist ganz euch überlassen, wie ihr euch verhaltet, zumindest in der Theorie. Da ihr die Stadt nur Nachts erkunden könnt, sind nicht allzu viele Personen auf den Straßen unterwegs. Zum Einen, da die Straßenkriminalität angestiegen ist und zum Anderen fürchten sich die Menschen vor der Epidemie durch die Spanische Grippe. So findet ihr immer nur ein Dutzend Personen pro Bezirk, welche sich der Gefahren entgegenstellen. Es ist in den meisten Fällen nicht allzu schwer, diese ausfindig zu machen und mit ihnen zu sprechen.

Sie haben meistens auch etwas spannendes zu erzählen. Ein Großteil des Spieles besteht aus Dialogen, welche gut, spannend und der allgemein bedrückenden Stimmung angepasst sind. Außerdem könnt ihr eine Vielzahl an Nebenquests erhalten, welche mal mehr, mal weniger spannend sind, aber euch allesamt einige Erfahrungspunkte garantieren. Letztere sind das A und O von Vampyr, denn durch diese könnt ihr eure aktiven und passiven Skills verbessern, um gegen Vampirjäger und abtrünnige Skals (niedere, aggressive Vampire) besser kämpfen zu können.

Erfahrungspunkte bekommt ihr also durch Quest und Kämpfe, aber auch wesentlich effektiver durch das Aussaugen von Menschen. Hierfür gibt es aber einiges zu beachten, denn entleert ihr den erstbesten Sterblichen den ihr seht, verschenkt ihr eine Menge Punkte. Besser ist es ihn kennen zu lernen, denn dadurch steigt seine Blutqualität, was euch einiges mehr an Erfahrung bringt. Ist der Bürger krank, so verliert dessen Blut auch an Qualität, was ihr mit der richtigen Medizin wieder richten könnt.

Die Nachbarschaft

Es macht also Sinn die Londoner kennen zu lernen, ihre Geschichten zu enthüllen, die Quests zu erledigen und ihre Krankheiten zu behandeln. Ob ihr sie am Ende verschonen, oder doch lieber aussaugen wollt, ist euch überlassen. Doch lasst euch gesagt sein, dass dies Konsequenzen hat. Tötet ihr zu viele Einwohner des Bezirks, oder sinkt der allgemeine Gesundheitszustand zu sehr, so verfällt die Gegend in Chaos und wird von euren Gegner überrannt. Brutale Kreaturen der Nacht, aber auch die Vampirjäger sind von nun an an jeder Straßenecke zu finden und machen euch das Leben schwer. Wiederum seid ihr nun um einiges Stärker. Sucht es euch also aus.

Dr. Reid ist aber ganz und gar ein Arzt, bleibt stets britische Gentleman, bereut aber seine Morde nicht wirklich. Immerhin ist er ein Vampir, oder? Vor allem, wenn ihr als bösen Vampir spielen wollt, wirkt der Protagonist eher unpassend in seiner Rolle. Im Inneren will er einfach die Menschen retten und dies bringt er auch immer wieder zum Ausdruck.

Wollt ihr die Städter lieber am Leben halten und ihre Krankheiten heilen (dies bringt Erfahrungspunkte), dann könnt ihr dies sehr einfach über das Menü im Auge behalten. Dieses zeigt an, ob ein Mensch erkrankt ist und woran. Das Gegenmittel könnt ihr in euren Unterschlüpfen brauen und dann an die Personen übergeben. Die Heilung selbst findet erst richtig in der kommenden Nacht statt, ihr müsst also euer Bett verwenden, damit dies umgesetzt wird. Aber Vorsicht: Jeden Tag kann ein neuer Bürger erkranken. Heilt also erst die akuten Fälle, sonst verliert ihr womöglich einen Bezirk an den Kampf gegen die Krankheiten.


London, 1918

London selbst ist von dem gegenwärtigen Chaos gezeichnet. Tod und Gewalt beherrschen die Straßen, überall macht sich die Seuche breit. Vampyr setzt zum Erkunden der Stadt auf eine Mischung aus Schlauchlevel und Openworld. Ihr könnt euch zwar recht frei innerhalb der überschaubar großen Bezirke bewegen, allerdings sind diese über vorgegeben Pfade miteinander Verbunden. Abkürzungen gibt es so gut wie keine und überall lauern Gegner.

Dennoch schaut die Stadt wirklich sehr gut aus. Wahrscheinlich hätte man grafisch noch mehr heraus holen können, denn alles wirkt etwas steif und glatt, dennoch fühlt man die Verzweiflung auf den Straßen. Dazu kommt ein toller Soundtrack, der euch auch den letzten Funken Hoffnung auf sonnige Aussichten raubt.


Pranken und Reißzähne

Dr. Reid weiß als Arzt nicht nur wie man Leben rettet, sondern auch wie man sie beendet. Waffen gibt eine eine überschaubare Auswahl, welche überall in der Stadt versteckt sind. Einige sind kräftiger, andere schneller. Einige lassen eure Gegner umwerfen, wodurch ihr deren Blut trinken könnt, andere zapfen das Blut direkt beim Angriff ab. Wer lieber aus der Ferne sein Glück versucht, kann auch zum Revolver, oder zur Schrotflinte greifen. Alle Waffen sind dabei verbesserbar, wobei ihr jedes Mal einen Bonusschaden wählen könnt. Außerdem verändert sich euer Kampfverhalten, wenn ihr eine Zweihandwaffe hernehmt, oder doch lieber mit einem Dolch zustecht.

Als Vampir hat der Doktor natürlich noch andere Tricks im Ärmel, so kann er beispielsweise Schaden durch einen Blutschild abwähren, oder lieber einen Blutspeer auf einen Gegner werfen. Passive Schäden, wie effektiveres Blutsaugen, gehört auch zum Repertoire. Jede Vampirfähigkeit macht euch stärker und robuster. Wie erwähnt benötigt ihr für diese aber Erfahrungspunkte, welche vor allem als „guter“ Vampir schwerer zu erhalten sind.


Technik und Gameplay

Vampyr wurde für die Konsole entwickelt, was man am PC schnell durch die Menüführung erkennen kann. Am Komfortabelsten spielt es sich meiner Meinung nach mit einem Gamepad, vor allem bei den Kämpfen. Diese sind übrigens Geschmackssache. Einerseits sind sie manchmal recht fordernd, während sie an anderen stellen sehr einfach sind. Dazu kommt, dass sich hier einige Steuerungsfehler eingeschlichen haben, welche aber verzeihbar sind. So schlagen wir daneben, während unser Gegner trifft. Und das obwohl wir einen großen Prügel in der Hand halten, während der Feind mit Klauen nach uns schlägt.

Abgesehen davon, ist das Spiel während des Tests leider einige Male im Ladebildschirm, oder während Dialogen eingefroren. Das war wesentlich nerviger, auch wenn nie wirklich Game-Fortschritt verloren ging (immerhin speichert Vampyr alle paar Meter automatisch ab). Dennoch raubt dies den Spielfluss und führt zu Frustmomenten. Ansonsten macht das Rollenspiel technisch einen soliden Eindruck.

Vampyr
Fazit
Vampyr bringt das unsterbliche Vampir-Genre zurück auf den Bildschirm. Dabei punktet es mit einer guten Story und einer bombastischen, düsteren Stimmung. Während ihr die dunklen Ecken London erkundet und herauszufinden versucht, was vor sich geht, schlagt ihr euch gleichzeitig mit einer Vielzahl an Gegnern herum. Kleinere Mängel durchziehen das Spiel, so ist die Steuerung mit Gamepad wesentlich besser und auch der eine oder andere Absturz des Spieles konnten wir miterleben. Dennoch schaut man über diese Kleinigkeiten hinweg und taucht ganz ins London der 1918er Jahre ein. Viele Möglichkeiten stehen euch rein theoretisch offen, so könnt ihr Entscheidungen über das Töten von den Einwohnern der Stadt treffen. Dies hat auch entsprechende Auswirkungen auf die jeweiligen Bezirke. Zwar tendiert der Protagonist eher dazu, Gutes zu tun, aber der eine oder andere Mensch wird schon nicht vermisst werden. Vampyr macht eine Menge Spaß und bietet ein etwas anderes Spielerlebnis. Persönlich hätte ich mir noch etwas mehr davon erwartet, aber das Balancing aus Erkunden, Kampf und Story ist gut gewählt und bringt eine Menge Spannung mit sich. Wer also etwas düsteres sucht, was nicht gleich Horror sein muss, der darf gerne zugreifen. Eine Reise in die Welt aus Verzweiflung, Seuchen und Tod ist es allemal wert.
Technik
70
Umfang
73
Gameplay
86
Spezifisch
70
Leserwertung0 Bewertungen
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Besser
Stimmungsvolle Grafik…
Volle Syncho (nur auf Englisch)
Flüssiges Kampfsystem
Detaillierte Charaktere
Düsteres London 1918
Klasse Soundtrack
~ 60 einzigartige NPCs
Viele, schlüssige Nebenquests
Multiple Enden
Craftingsystem
Hoher Wiederspielwert
Gute Gamepad-Steuerung
Abwechslungsreiche Gegnertypen
Milde Wahl zwischen Gut und Böse
Klasse, düstere Stimmung
Sich anpassender Schwierigkeitsgrad
Spannende Hauptstory
Protagonist mit Erkennungswert
Schlechter
… wenn auch recht “glatt” und “steif”
Leichte technische Schwierigkeiten
Gefakte Openworld
Schlechte Tastatur/Maus-Steuerung
Kein freies Speichern
Überschaubare Waffenanzahl
75
Wertung

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